…dann gibt es nicht bloß Bemerkungen zu den einzelnen Scheiben, sondern herrliche Dönekes rund um jede einzelne Platte. Wir sind stolz und froh und, ja, sogar glücklich, dass unser Mitstreiter, der Mann, den sie Opa nennen, uns an seinem musikalischen Anekdotenschatz teilhaben lässt. Hier die dritte Folge:

The Clash: „The Clash“ – das erste Album, eine seltene Lieblingsplatte

The Clash ... geht immer.

The Clash … geht immer.

The Clash gehen eigentlich immer. Komisch, dass das erste Album so selten bei Lieblingsplatten genannt wird. Zumal ja oft die ersten Alben einer Band als „die wichtigsten“ aufgeführt werden. Klar, es ist eben noch rau, relativ hart, nur mäßig produziert, halt Punkrock pur. Das mag so manchem Mainstreamöhrchen eben nicht gefallen.

Als es im April 1977 erschien, hätte es mir aber auch nicht zugesagt. Nun, da war ich acht Jahre alt und von Punk und all den schönen Dingen, die ich damit verbinde, noch weit weit entfernt. Aber auch später, als ich mit meinen damaligen Freunden Punkrock entdeckte, standen The Clash gar nicht so weit oben auf unseren Playlisten. Allein durch meinen Kumpel Kai wurde ich ständig mit Oi!-Musik versorgt. Und Marco und Schneider von der Wiese schleppten französischen Punk an. Exotisch waren wir für unsere Anfänge schon mal. Auch musikalisch. Natürlich hörten wir die Pistols, auch mal The Clash, aber mehrheitlich pogten wir zu Peter and the Test Tube Babies, The Ejected, 4-Skins, The Business, aber auch King Kurt, Toy Dolls oder Deutschpunk. Irgendwas mit Saufen, Spaß und dass der Staat scheiße ist. Was man eben so hörte, wenn man 1982, 1983 Punk wurde.

Die erste The Clash habe ich erst im Januar 1984 gekauft. Natürlich bei Jürgen Krause im Hitsville. Mittlerweile waren wir dort bekannt und mussten uns weder Sprüche noch Forderungen zum „Vorsingen“ anhören. Stattdessen gab es wichtige Plattentipps. Ich habe die Scheibe dann zuhause aufgelegt und war angefixt! Meine Güte, was für eine Band, was für eine Scheibe. Die Band landete auf jedem Mixtape und ich nervte, wieder einmal, jeden in meiner Umgebung damit, was für eine megageile Band das sei. Wie zuvor mit Chelsea. Aber hey, wenn man jung und von einer Sache, einer Band, einem Buch oder einem Mädchen begeistert ist, dann soll es ja wohl auch jeder wissen. Und da wir damals noch nicht so viele Mädchen hatten und genauso wenig lasen, waren Bands eben das absolute Ventil. Und es gibt schlimmere Sachen als the only band, that matters.

The Clash in der Philipshalle - das Ticket, eine Reliquie

The Clash in der Philipshalle – das Ticket, eine Reliquie

Und dann kam eines Tages Kai grinsend in der Klasse zu mir und sagte, er habe Tickets für The Clash in der Philipshalle. THE CLASH! In der PHILIPPSHALLE!! in DÜSSELDORF! Ich hatte in der folgenden Lateinstunde bei Herrn Heidkamp nicht einmal mehr zugehört. Im Februar spielte die Band dann endlich, die Vorband weiß ich leider nicht mehr. Für viele Jahre war es das einzige Konzert, wo ich das zahlreich angebotene Bier vorm Konzert teilweise abgelehnt habe. Ich wollte NICHTS verpassen… außer der Vorband. Ich wusste nicht, dass es die letzte Besetzung war und The Clash schon eigentlich in der Auflösung waren. Ich kannte auch nicht ihr Album Cut the Crap oder was anderes. Ich kannte nur ihren Erstling. Klar, an manchen Stellen zog sich für mich das Konzert, wenn „neue“ Stücke kamen, aber ich fand die Gruppe großartig. Zumal sie auch relativ viele Songs aus alten Tagen spielten. Ich kann die Setliste heute noch fast auswendig und weiß, dass sie mit Bankrobber endeten. Aber dass Mick Jones nicht dabei war… habe ich erst an dem Abend erfahren. Egal, ich habe THE CLASH live gesehen, besitze noch die Karte und war danach Clash-Fan. Insofern: schön, dieses Album mal wieder zu hören.
Übrigens, die Halle war definitiv nicht ausverkauft. Kommt mir also nicht mit Geschichten wie bei Fortuna in Basel, dass ihr alle dabei gewesen seid. Niemals, ihr Scharlatane.

The Clash - London's Burning (Official Audio)

Die Toten Hosen: „Opel-Gang“ – das erste Album, das die Richtung zeigte

Die DTH-Inkunabel: Das Album "Opel-Gang"

Die DTH-Inkunabel: Das Album „Opel-Gang“

Während ich meine Platten so durchgehe, habe ich mir mal gedacht, zwei Bands in der Reihenfolge ihrer Albumveröffentlichungen zu hören… eine davon… die Toten Hosen aus Düsseldorf. ZK hatten wir schon, hier also das erste Album der Band, die nun wirklich jeder kennt. Und klar, ganz viele obercoole Typen sagen heute noch: „Nach der Opelgang sind die scheiße geworden..“.
Langeweiler. Genauso schlimm sind die, die mit albernen Musikfachwissen glauben angeben zu können und so Sachen daher faseln, „Man konnte schon damals hören, dass aus der Band mal was wird.“ Blödsinn. Aber ja, die Opelgang war für viele ein Startschuss. Die Toten Hosen als Band wurden mir aber bereits weit vor ihrem Debutalbum geradezu aufgedrängt.

Wir wollten das erste Mal als Kidpunks Platten bei „Pure Freude“ kaufen. Berühmt, berüchtigt und schon ein harter Schritt als unwissender Kleinpunker. Ich druckste mich mit Kai und Thorsten erst einmal 20 Minuten in der Nähe des Ladens rum, biertrinkend natürlich. Irgendwann nahm ich meinen Mut zusammen und bin also los. Nur zur Klarstellung: Ich war 13, trug ausgelatschte Bundeswehrstiefel, ein von den Herzögen (alte Sandkastenfeunde ) gemaltes Chelsea-Shirt (die Punkband natürlich, ihr Unwissenden!!), eine selbst zerrissene Jeans und dazu eine kanadische Fliegerjacke. Die Haare spikey gestylt mit Fa-Seife (die extrem duftete). Eigentlich jämmerlich, aber irgendwie auch niedlich.

Vor der Tür des Plattenladens lümmelten in der Sonne der Besitzer Jürgen Krause und ein pickliger schlaksiger Punker mit Tote Hosen-Shirt und so einer Patchworkhose. Beide ne Flasche Gatzweilers in der Hand. Als ich meinen Wunsch (natürlich unglaublich mutig!!) vortrug, eine ZK-Platte zu kaufen, meinte erst der Krause „Sing mal Lied von denen vor!“ und dann sagte der Pickelpunker: „Ach, Quatsch, ZK ist scheiße, kauf Tote Hosen. Das ist das heiße Ding jetzt!“ Ich wäre beinahe Tode gestorben… 13 Jahre alt und echte Altpunk verarschen dich. Aber nicht mit mir. So nicht, Freunde des Gatz! „Ich will aber ZK.“ Mannomann, da zuckten die aber zusammen. Oder lachten, genau weiß ich das nicht mehr. Am Ende hatte ich dann für 20 Mark die ZK-Scheibe „Eddies Salon“ und die Singles „Reisefieber“ und „Wir sind bereit“ der uns bis dato unbekannten Toten Hosen sowie drei Flaschen Gatz. Im Nachhinein nicht der schlechteste Deal.

Kai, Thorsten und ich fuhren sofort zu den Herzögen, um die neuen Platten zu hören. Und? Sie waren mega! Natürlich war der Akne-Punker Campino… Ich habe die Band kurz danach live im Okie Dokie und Garath gesehen und war echt nur begeistert. Als dann die Opelgang rauskam bin ich (mega cool wie ich war) zu den Hosen ins Büro auf der Kölner Straße gefahren, um mir die Scheibe zu holen. Für mich stimmt bei der Scheibe alles. Ein großartiges Cover, durchweg gute Songs mit Hits wie „Reisefieber“, „Ülüsü“, „Wehende Fahnen“, „BZBE“ usw. Und es war für so junge Punks auch cool, mal Leute einer Band im Zoopark oder auf der Ratinger Straße zu sehen. Die Platte macht Spaß, auch heute noch. Ist halt ne gute Band gewesen. Und ist es noch. Die Geschichte mit Pure Freude ist übrigens wahr und wurde von Campi und Krause backstage in der Arena vor Zeugen bestätigt. Was für böse Freunde ich habe.

Die Toten Hosen - Allein vor deinem Haus ( oder dein Vater der Boxer )

The Ramones: „It’s alive“ – Wie ich dank Campino Joey Ramone kennenlernte…

Nochmal: Ein Ramones-Live-Album

Nochmal: Ein Ramones-Live-Album

Livealben sind ja so ne Sache für sich. Manche sind großartig, manche sind beschämend für die Band und das Publikum. Nehmen wir mal The Ramones. Die Band habe ich zigmal live gesehen… Düsseldorf, Köln, Bonn, Bochum, Frankfurt, ja auch in London und New York. Und mit mal zu mal wurde die Band schneller und schneller. Dabei fanden wir 1982 schon, dass Ramones-Songs ein irres Tempo hatten, heutzutage holt die Schnelligkeit keinen mehr hinter dem Ofen hervor. Und auf ihrer letzten Tournee waren sie eigentlich enttäuschend.

Aber die Rückfahrt aus der Bonner Biskuithalle war abenteuerlich. Entgegen aller Absprachen hatte sich unser englischer Fahrer gute 25 Bier in den Kopf gehauen. Da ich auch nicht untätig gewesen war, musste nun seine Freundin fahren, Monique von Asmodi. Vollkommen unerfahren am Steuer, es war dunkel und regnete und eine Baustelle nach der anderen. Und dazu zwei betrunkene Mitfahrer, die noch gute Tipps gaben. Es war die Hölle für die arme Monique. Für mich auch, wirklich, Aber immerhin hatte ich genug Bier intus und war daher mit dem lieben Gott schon per Du, als wir dann doch noch in Düsseldorf heil eintrafen. Aber die Fahrt war definitiv aufregender als dieser Abschied von den Ramones. Doch das ist auch egal… es waren immerhin die einzigartigen Ramones.

Dank der Hosen lernte ich dann Joey Ramone in New York kennen. Er kannte Campino bereits und war daher offen, sich mal für einen Kaffee im Continental Devine zu treffen. Ein unglaublich netter Typ, der aber schon damals körperlich sehr angeschlagen und fast blind war und zu dem Zeitpunkt an einer offenen Wunde am Fuß laborierte. Aber unglaublich nett und offen. Ich traf ihn dann noch dreimal, einmal beim letzten Konzert von Johnny & the Heartbreakers, dann auf der Straße, wo wir erneut Kaffee trinken gingen und dann bei ihrem Konzert in NYC, zu dem er mich einlud. An dem Abend war übrigens auch Johnny Ramone unglaublich nett und lustig. Aber mal live zu sehen, dass eine der größten Bands untereinander kaum ein Wort wechselte, hat mich lange Zeit sehr verstört. An diesem Abend sah ich eines der besten Konzerte meines Lebens. Inklusive einer verdammt netten Nacht mit einer Schwedin, die heute (kein Witz) in Emden lebt.

Auf jeden Fall ist die Scheibe „Alive“ für mich eines der besten Livealben. Grundsätzlich. Man muss kein Punk, man muss einfach nur Musikfan sein, um sich an der Energie dieser damals noch jungen Band begeistern zu können. Egal, wie die Ramones untereinander waren, ob Konzerte später „anders“ wurden – sie bleiben eine der größten Bands aller Zeiten. Und dieses Livealbum beweist es!

Blitzkrieg Bop (Live at Rainbow Theatre, London, 12/31/77) (2019 Remaster)

China Drum: „Goosefair“ – Kennste nicht? Solltest du aber kennen…

Mehr als ein Geheimtipp: "Goosefair" von China Drum

Mehr als ein Geheimtipp: „Goosefair“ von China Drum

1996… war ein unglaubliches Jahr. Viele Touren, ich wohnte mit meiner damaligen Freundin in einer unglaublich schönen (und unglaublich teuren) Altbauwohnung in Bilk, und wir machten die größte Bustour als Punkrallye zum Rebellion-Festival nach Blackpool. Alles lief in meinem Leben wie geschnittenes Brot.

In diesem Jahr kam auch die „Goosefair“ von China Drum raus. Was für eine Platte. Passend zu diesem einfach nur tollen Jahr, irgendwie mein Soundtrack für 1996. Natürlich hörten wir die Band schon länger. Kein Wunder, wenn man den großartigen Jürgen Krause zu seinen Freunden zählen darf. Sind wir doch mal ehrlich… wer mit Musik zwischen 1982 und 1998 begonnen hat, ging auch zu Hitsville. Sofern sein Musikgeschmack nicht eh schon vollkommen erledigt gewesen und einen langen, qualvollen Tod gestorben war. Jürgen gehört immer noch zu meinen besten Freunden und war, ist und bleibt für mich der Garant für neue Musik und guten Geschmack, weit über Punk, Punkrock und all das hinaus. Immer wieder hat er mein Leben mit guten Bands, Platten und Konzerten bereichert. Guns’n’Roses? Alter Hut. Jürgen sorgte dafür, dass das Tor 3 überhaupt voll war. Nur ein Beispiel. Und so auch China Drum.

Was für eine Liveband, die dann auch noch von den Hosen mitgenommen wurde. Mega. Irgendwas, zwischen Punkrock, Poppunk, Pop und Rock. Keine Ahnung, aber diese Band macht einfach nur Spaß. Und da die Jungs auch für Partys offen waren, bleib es nicht aus, dass wir mit denen zusammenkamen. Wann immer China Drum irgendwo in der Ecke spielten – wir waren da. Auch die Hosen schauten immer wieder rein. Und wirklich jedes Konzert war der Hammer.

Und irgendwann… waren sie plötzlich weg. Wie so manche Band. Da es damals kein Internet gab, hielt der Kontakt wegen der Entfernung leider nicht stand. Aber geblieben sind zwei Alben, die man kennen sollte. Hier zwei Links zum Reinschnuppern:

China Drum - Can't Stop These Things

2 Kommentare

  1. Guido v. Oertzen am

    Das erste Clash Album habe ich bei Govi gekauft, Mittelstraße Ecke Karlsplatz (der wurde damals noch nicht Carlsplatz geschrieben). Pure Freude gab es damals noch lange nicht, das Rock On neben Bornemeyer mit der Wendeltreppe nach oben und der dunkellila Auslegeware auf der Schadowstraße dagegen schon. Schräg gegenüber von Govi gab es Radio Sülz, die waren um 79/80 herum punkrockmäßig ganz gut sortiert, es steckte aber alles lieblos zusammengestopft in einem Regal. Radio Sülz war dort, wo heute der Carhartt Shop ist. Im übrigen ist das Clash Album auf dem ersten Foto von oben nicht das europäische Debütalbum, sondern irgendein später veröffentlichtes US Release mit einer ganz anderen Tracklist – erkennbar daran, dass der Band Schriftzug rechts über statt links unter dem Bandpic steht. Ich hoffe jedenfalls, dass ich das alles richtig in Erinnerung habe …

  2. In den 70ern …

    … in der Kapuzinergasse gab’s ‚Disco One‘

    … auf der Flinger Strasse neben ‚Radio Sülz‘ den ‚Hit Shop‘ und etwas weiter auf der selben Seite den ‚Music Shop‘ und schräg gegenüber in der Passage das ‚Studio 33‘