Als die Jugo-Küche in Deutschland noch King of Kotelett war, da waren die Angebote der Pommesbuden entsprechend balkanesisch orientiert. So kam in den Sechzigerjahren ein Imbiss auf die Karten, den sie „Schaschlik“ nannten. Nun ist das irgendwie serbokroatischungarische Lehnwort Schaschlik eine Verballhornung des osmanischen Shish Kebab, was nicht mehr heißt als Fleischspieß. Dementsprechend ist jedes Gericht, bei dem am Spieß gegartes Fleisch im Mittelpunkt steht, ein Schaschlik. Der Pommesbuden-Schaschlik ist davon nur eine extrem soßenbetonte Variante, denn der Spieß wird dabei nicht gegrillt oder gebraten, sondern geschmort. Weil beim Pommesbuden-Schaschlik die Tunke so wichtig ist, gibt es eben auch die Schaschliksoße als Alternative zu Majo, Ketchup und Currysauce als Topping auffe Fritten. Obwohl ich Pommes-Junkie bin, habe ich in meinem Leben kaum dreimal Schaschlik gewählt – und jedes Mal war’s eklig. Als jetzt aber ein Schaschlik-Rezept in meiner Lieblingszeitschrift, der „Brigitte“ auftauchte, dachte ich mir: Machste nach. Und es wurde ein sehr, sehr leckeres Essen mit feinem Wirsingsalat und Weißbrot für die viele Soße.

Wie gesagt: Dieser Spieß wird geschmort. Also gibt es zwei Baugruppen, an denen du zu arbeiten hast. Für vier normale Esser brauchst ein knappes Kilo durchwachsenen Schweinenacken ohne Knochen. Wichtig: Schieres Fleisch schmort nicht gut; das Fett reichert die Soße an, Sehnen und Knorpel geben Bindung. Dazu knapp 200 Gramm durchwachsenen Räucherspeck sowie vier mittelgroße Zwiebeln. Die Gewürzmischung machst du selbst im Mörser, die Mengen sind nicht so wichtig, also kannst du von allem gern einen Teelöffel voll nehmen: Korianderkörner, Kümmel, Kreuzkümmel (ungemahlen), schwarze Pfefferkörner, mildes Paprikapulver sowie vier bis sechs Wacholderbeeren. Das zerreibst du zu einem gleichmäßigen Pulver. Schneide das Fleisch in Würfel – die dürfen so um die 3 Zentimeter Kantenlänge haben. Gib die Würfel in eine Schüssel, würze mit Salz und schwarzem Pfeffer und streu die Mischung drüber, Dann arbeitest du das ganze gut drei, vier Minuten sorgfältig mit den Händen durch. Den Speck schneidest du so, dass er einen ähnlichen Grundriss hat wie die Schweinewürfel; die Zwiebeln musst du abziehen und Viertel. Und wieder einmal geht es um den richtigen Spieß. Dieses Mal kommen nur Spieße in Frage, die längst in den Schmortopf passen. Hast du Holzspieße im Haus, kannst du die natürlich passend kürzen. Die Standardmetallspieße passen in einen ovalen Bräter, aber nicht in einen 20-cm-Schmortopf. Und die türkischen Minischwerter für Kebab sind viel zu lang. Jedenfalls beginnst du mit einer Viertel Zwiebel. Dann folgt Fleisch und Speck im Wechsel. Zuletzt wieder ein Zwiebelstück. Wichtig: Das Material muss schön eng zusammengepresst werden, damit du die Spieße beim Braten und Schmoren gut wenden kannst. Leg die fertigen Schaschlik-Spieße beiseite.

Die Soße, in der unsere Schaschliks gegart werden, basiert auf Zwiebeln, Paprika und Tomaten. Du brauchst eine Gemüsezwiebel, eine rote Paprika, ein oder zwei Knoblauchzehen, ein Pack stückige Tomaten sowie ein Döschen (= ein Esslöffel) Tomatenmark. Außerdem ungefähr 700 ml Gemüsebrühe. Du kannst jetzt den Backofen schonmal auf 180° Umluft vorheizen. Schneide die halbierte Zwiebel in ganz dünne Scheiben. Traktiere die Paprika mit einem Sparschäler und schneide dann das Fruchtfleisch in schmale Streifen. Mach aus dem Knoblauch ganz feine Scheibchen. Dann erhitzt du einen guten Schuss neutrales Öl (kein Olivenöl in diesem Fall!) und dünstest Zwiebel, Paprika und Knoblauch langsam an, ohne beides zu bräunen. Auch das Tomatenmark wird kurz angeröstet. Dann drehst du die Flamme hoch und gießt zwei Drittel der Brühe an. Gib die Tomatenstückchen dazu und lass die Sache aufkochen. Danach bei kleiner Hitze noch ungefähr zehn Minuten schmurgeln. Gib schonmal zwei, drei Lorbeerblätter hinzu. In der Zwischenzeit brätst du die Spieße in neutralem Öl (Raps, Sonnenblume) von allen Seiten nicht zu scharf und gleichmäßig an. Dann legst du die Schaschliks in die Soße. Sie müssen unter dem Saucenspiegel liegen, deshalb musst du eventuell die Flüssigkeit durch Zufuhr von Brühe vermehren. Der Pott kommt dann mit halbgeöffnetem Deckel für eine Stunde in den Backofen.

Laut Originalrezeot kommen dann die Schaschliks mit diesem Schmorkram auf den Tisch. Ich hatte eine bessere Idee und hab die Spieße rausgenommen. Dann habe ich den Topfinhalt durch ein Spitzsieb passiert, auf hoher Hitze um die Hälfte reduziert und mit einem Teelöffel in kaltem Wasser gelöster Stärke (Mondamin) gebunden. Auf Zitronenschale habe ich dagegen verzichtet, aber ganz zuletzt getrockneten Majoran in ziemlich großer Menge in der Soße verrührt. Diese wunderbar sämige Sache wurde dann nicht nur übers Fleisch gegeben, sondern mit viel leckerem Weißbrot getunkt.

Ein herrlich leichter Wirsingsalat

Selbstgemachter frischer Wrsingsalat

Eine wunderbare Beilage zu allen Balkan-Gerichten: selbstgemachter frischer Wrsingsalat

Weil ich von den Wirsingrouladen vom Mittwoch noch einen ordentlichen Rest dieses leckeren Kohls übrighatte, gab’s einen leichten Wirsingsalat als vitamintragende Beilage dazu. Dieser Salat funktioniert wie alle Salat aus Kohl, also auch der legendäre Krautsalat, der ja ein wichtiger Bestandteil der balkanesischen Küche ist. Um den harten Kohl weich zu kriegen, wird er mit Salz massiert, Ja, genau: massiert. Du schneidest den Wirsing in ganz feine Streifen; man kann die Streifen auch mit dem Gemüsehobel anfertigen. In die Schüssel mit den Streifen gibst du einen Esslöffel Salz – am besten geht’s mit grobem Meersalz. Jetzt musst du Kohl und Salz gut zehn Minuten lang mit beiden Händen durchkneten. Du spürst nach etwa vier Minuten, wie das Zeug weich und geschmeidig wird. Zum Schluss ist der Wirsing praktisch gar.

Ich gebe eine Vinaigrette als Sauce dazu: ein Teelöffel Original Düsseldorfer Mostert von ABB (Warom jett angeres?) mit schwarzem Mühlenpfeffer und einer guten Prise Rohrzucker (kein Salz!) würzen und mit zwei Esslöffeln Weißweinessig verrühren. Diese Basis dann mit vier Esslöffeln neutralen Öl oder einer Mischung aus neutralem Öl und ein paar Spritzern Kürbis- oder Rapskernöl verschlagen. Über den Wirsing geben, sehr gut durchrühren und im Kühlschrank mindestens zwei Stunden durchziehen lassen.

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