Irgendwann in den frühen Achtzigern waren wir einmal auf einem lateinamerikanischen Abend eingeladen, bei dem – so hieß es in der Einladung – Spezialitäten serviert werden sollten, die man hier nicht kannte. Da gab es dann zum Beispiel ein typisches Tonpfännchen voller roter Soße, in der eine Art Spiegelei steckte. Wie die das nannten, ist mir entfallen, aber einige Jahres später stieß ich auf „Huevos Rancheros„, die angeblich DAS Frühstück der mexikanischen Landarbeiter sein soll. Tatsächlich ist aber auch das Gericht nichts anderes als Eier in Tomatensoße. Und jetzt Shakshuka… In der Kochshow „Kitchen Impossible“ musste Hans Neuner in Tel Aviv genau das kochen – und zwar beim angeblich weltberühmten Dr. Shakshuka.

Übrigens heißt es auch von diesem Rezept, es sei das „israelische Nationalgericht“ und „das Frühstück der arbeitenden Menschen“. Wenn man aber versucht, den Stammbaum dieser Eier in Tomatenschlamm bis zu den Wurzeln zu gehen, kommt man fast unweigerlich nach Nordafrika, genauer: nach Tunesien und damit in das Mutterland von Harissa, der höllisch scharfen Würzpaste. Die süd- und mittelamerikanische Variante kommt möglicherweise auch daher, denn es spricht einiges dafür, dass es die Mauren waren, die dieses Gericht nach Spanien brachten, von wo aus es per Kolonialisierung jenseits des Atlantiks landete.

Die Idee ist ganz unabhängig von der jeweiligen Variante, eine würzige, rote Soße mit hohem Tomatenanteil zu bauen und darin dann Eier zu garen. Die Bandbreite der verwendeten Zutaten und der inhärenten Schärfe ist gewaltig – ich habe eine Version entwickelt, bei der jeder Esser persönlich mit Harissa nachschärft und die Grundsoße eher scoville-arm ist. Außerdem kommen bei mir rote Paprika und rote Zwiebeln hinein. Das ergibt…

Die Zutaten (für 2 Portionen als Hauptmahlzeit):

4 mittelgroße Rispentomaten
1 mittelgroße rote Paprika
2 nicht zu kleine rote Zwiebeln
3 Knoblauchzehen
1 Dose stückige Tomaten (400 ~ 425 g)
je 1/2 EL scharfes und mildes Paprikapulver
1/2 ~ 1 EL Kreuzkümmel (Kumin)
1/2 EL Raz el Hanout (nordafrikanische Gewürzmischung)
Salz, Pfeffer
Olivenöl
4 Eier
grob gehackter Koriander ODER grob gehackte, glatte Petersilie
Handvoll Ringe von frischen Frühlingszwiebeln (zur Selbstbedienung)
Harissa aus der Tube (zum individuellen Schärfen)
Fladenbrot (zum Tunken)

Die Zubereitung:

Es handelt sich um ein puppig einfaches Rezept, bei dem du mit den richtigen Zutaten und einer passenden Pfanne nichts falschmachen kannst. Als Vorbereitung halbierst du die Tomaten, entfernst den grün-weißen Ansatz, schneidest die Hälften zuerst in Scheiben, die du dann quer halbierst. Schneide das Fleisch der Paprika in nicht zu schmale Streifen, die du dann halbierst. Pell die roten Zwiebeln, halbier sie und schneide die Hälfte in feine Scheiben. Zieh die Knoblauchzehen ab und würfle sie fein. Am besten passt eine gusseiserne Pfanne mit mittelhohem oder hohem Rand, es geht aber auch in einer beschichteten Pfanne – jeweils mit 24 cm Durchmesser. Der Tomatenschlamm muss gut zwei Daumen hoch in der Pfanne stehen. Wichtig: Du musst einen Deckel oder eine improvisierte Abdeckung für die Pfanne haben!

Schwitz Paprika und Zwiebeln in reichlich Olivenöl an bis sie weich sind, gib dann die Knoblauchwürfel dazu und lass diese auch anschwitzen. Dreh die Flamme ein bisschen höher und streu die Gewürzpulver drüber. Was die Mengen angeht: Beginn mit eher weniger; du kannst ja immer noch nachwürzen. Tatsächlich müssen die Gewürze in er Pfanne duften, ja, der Duft muss die Küche erfüllen. Gib die frischen Tomaten zu und lass sie so viel Wasser ziehen, dass sich die Gewürze darin auflösen. Bei jedem Schritt heißt es rühren, rühren, rühren. Schließlich kommen die Dosentomaten hinzu, und du würzt beherzt mit Salz und bisschen vorsichtiger mit Pfeffer (den du übrigens wie bei allen nordafrikanisch-arabischen Gerichten ganz weglassen kannst). Achtung: Das ist die letzte Gelegenheit zum Abschmecken, denn wenn die Eier drin sind, kannst du nicht mehr umrühren.

Damit aus dem Pfanneninhalt der gewünschte Schlamm wird, muss das Ganze unter gelegentlichem Rühren um die 10 Minuten leise köcheln. Am Ende darf die Matsche nicht mehr suppig sein, sondern eher an einen Eintopf erinnern. Nun drückst du mit einem Esslöffel vier Mulden in den Schlamm und schlägst jeweils vorsichtig ein Ei hinein; auf keinen Fall darf dabei das Dotter beschädigt werden! Mit einem Löffelstiel verrührst du bei jedem Ei das Eiweiß mit der umgebenden Soße. So garen die Eier dann UNTER DECKEL ungefähr 6 bis 8 Minuten. Am Ende sollte das Eigelb noch cremig sein (was bei mir immer wieder schiefgeht; dann hab ich praktisch ein hartgekochtes Ei in der Pfanne…).

So ist ein gutes Shakshuka in knapp 20 Minuten servierfähig. Streu zuletzt ein bisschen Grün (Koriander ODER Petersilie) drüber und bring die Pfanne zu Tisch. Dort liegt das Fladenbrot zum Abreißen passender Brocken bereit, die Tube Harissa liegt für die Scharfesser bereit, und wer etwas Frisches dazu mag, streut Lauchzwiebelringe drüber. Traditionell wird Shakshuka vor allem mit Hilfe des Brotes gemeinsam aus der Pfanne gegessen, aber wir Mitteleuropäer stellen tiefe Teller hin und legen Esslöffel dazu. Hast du vier Esser, verdoppelst du die Zutaten und arbeitest parallel in zwei Pfannen. Jeder wird dieses Gericht mögen, wie man es aber zum Frühstück runterkriegt, bleibt mir ein Rätsel.

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