„Ich esse gerne Sauerkraut und tanze gerne Polka, und meine Braut heißt Edeltraut, die denkt genau wie ich. Sie kocht am besten Sauerkraut und tanzt am besten Polka, deshalb ist auch die Edeltraut die beste Braut für mich.“ Wenn also Gus Backus 1961 in seiner Sauerkraut-Polka so begeistert von den Kochkünsten seiner Edeltraut war, was das Sauerkraut betrifft, darf man wohl davon ausgehen, dass die Edeltraut keine Konservendose geöffnet hat, um Gus zu beglücken, sondern das Sauerkraut hoffentlich frisch bei ihrem Metzger erstanden und es selbst zubereitet hat. Denn es ist schon ein Riesenunterschied, jedenfalls was den Nährwert angeht.

Auch, wenn ich jetzt die gesamte Sauerkrautindustrie gegen mich haben sollte, bleibt anzumerken, dass küchenfertige Produkte aus der Dose oder aus dem Glas immer pasteurisiert, das heißt kurzzeitig auf 60 bis 90 Grad erwärmt worden sind, und das wiederum überleben die Mikroorganismen nicht. Die Milchsäure, die den Fäulnisbakterien den Kampf ansagt, bleibt zwar erhalten, aber die lebendigen Milchsäurebakterien, auf die wir es ja wegen des gesundheitlichen Nutzens abgesehen haben, sind dann nicht mehr vorhanden. Auch das wertvolle Vitamin C mag es nicht gerne so warm. Bei richtiger Lagerung bleibt es erhalten und das wusste auch schon James Cook (1728 – 1779), der das Sauerkraut gleich fässerweise mit auf seine monatelangen Pazifikreisen nahm, als Schutz gegen die gefürchtete Vitamin-C-Mangel-Krankheit Skorbut, der vorher schon so mancher Seemann zum Opfer gefallen war.

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Aber wie dem auch sei: Es ist einfach gesünder, Sauerkraut frisch herzustellen und geschmacklich allemal viel besser. Deshalb lohnt es sich auch, gleich eine größere Menge zu kochen und es am nächsten Tag, vielleicht in einer anderen Variation, noch einmal aufzutischen. Das schmeckt dann sogar noch besser, wie wir schon von Wilhelm Buschs Witwe Bolte wissen: „Eben geht mit einem Teller / Witwe Bolte in den Keller, / Dass sie von dem Sauerkohle / Eine Portion sich hole, / Wofür sie besonders schwärmt, / Wenn es wieder aufgewärmt“.

Der Geschmack des Sauerkrauts ist aber nicht unbedingt jedermanns Sache, da gehen die Meinungen schon ziemlich auseinander. Düsseldorfs wohl berühmtester Sohn Heinrich Heine (1797 – 1856) zum Beispiel, schien Sauerkraut sehr gemocht zu haben. In Deutschland ein Wintermärchen bemerkt er: „Der Tisch war gedeckt. Hier fand ich ganz / die altgermanische Küche. / Sei mir gegrüßt, mein Sauerkraut, / holdselig sind deine Gerüche!“ Ganz im Gegensatz zu Johann Wolfgang Goethe (1749 – 1832), bei dem es frei nach Johannes Daniel Falk heißt:

Goethe aß zuweilen bei der Herzogin Amalia zu Tiefurt zu Mittag. Er beschwerte sich, daß der Mundkoch Goullon so oft Sauerkraut vorsetzte. Eines Tages, da man ihm wieder Sauerkraut aufgetischt hatte, stand er voll Verdruß auf und ging in ein Nebenzimmer, wo er ein Buch aufgeschlagen und auf dem Tisch liegen fand. Es war ein Jean Paulscher Roman. Goethe las etwas davon, dann sprang er auf und sagte: Nein, das ist zu arg! Erst Sauerkraut und dann fünfzehn Seiten Jean Paul! Das halte aus, wer will!

Es kann ja sein, dass Goethe tatsächlich ein bisschen mehr Sauerkraut zu sich genommen hat, als ihm lieb war, aber deshalb muss man doch nicht gleich so gehässig werden wie Jules Barbey d’Aurevilly, der in seiner Schmähschrift Gegen Goethe sagt: „In Goethes deutschem Hirn ist immer ein bisschen Sauerkraut“. Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass Sie sich bei Ihrem nächsten Sauerkrautgericht eher auf die Seite Heinrich Heines oder auf die der Witwe Bolte schlagen mögen. Und alle unverheirateten Damen wissen Dank Gus Backus ohnehin was zu tun ist! Also gehen wir die Sache an…

Die Zutaten (für 2-3 gute Portionen):

500 g Sauerkraut (frisch, aus dem Fass)
neutrales Öl
½ l Fleischbrühe (oder Gemüsebrühe)
1 Zwiebel
2 dünne Scheiben mageren Speck
4 Pimentkörner
4 Wacholderbeeren
4 Nelken
1 Lorbeerblatt
Kümmel, Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 Apfel (säuerlich)
1 kleine, rohe Kartoffel

Die Zubereitung:

Probieren Sie zunächst das rohe Sauerkraut. Falls es Ihnen zu sauer sein sollte, können Sie es kurz abspülen und in einem Sieb gut ausdrücken. (Ich persönlich mache das nicht). Heiße Brühe vorbereiten; Zwiebeln schälen, ebenso den Apfel und alles in kleine Stücke schneiden, dann den Speck fein würfeln.

Da es immer ein wenig unangenehm ist, vor dem Servieren die Gewürze aus dem Kraut zu angeln, geschweige denn, während des Essens auf eine Nelke oder gar auf ein Pimentkorn zu beißen, greife ich auf folgenden kleinen Trick zurück: Die Pimentkörner, Nelken, Wacholderbeeren und das Lorbeerblatt kommen in einen Teefilter, der dann mit Küchengarn zugebunden wird. Diese Filter sind robust und gehen auch beim Kochen und Umrühren nicht kaputt. Am Schluss kann dann das Gewürzsäckchen ohne Probleme entfernt werden und man muss nicht im Trüben fischen.

In einem Topf werden zunächst mit etwas Öl die Speckwürfel und die geschnittenen Zwiebeln angedünstet, dann die klein geschnittenen Apfelstückchen. Jetzt kommt das Sauerkraut dazu, aber nicht alles! Lassen Sie eine kleine Portion übrig, die Sie dann nach der Garzeit, kurz vor dem Servieren, unter die Hauptmenge mischen. (Das erhöht den Nährwert). Geben Sie das Gewürzsäckchen, etwas Kümmel und einen Teil der Brühe in den Topf, den Rest der Brühe nach und nach. Das Ganze darf nicht zu trocken werden, das Kraut sollte aber auch nicht in der Brühe schwimmen. Bei geringer Temperatur wird das Sauerkraut ca. 60 Minuten lang gedünstet. (Immer wieder mal umrühren).

15 Minuten vor Ende der Garzeit wird die rohe Kartoffel fein gerieben und hinzugefügt. Abschmecken, das Gewürzsäckchen entfernen und das rohe Sauerkraut untermengen. (Salz ist meist gar nicht nötig, da schon genug im Speck und in der Brühe vorhanden ist und wenn man die Kasseler zum Erwärmen auf das Kraut legt, geben diese auch noch Salz ab).

Regelmäßiger Verzehr von Sauerkraut stärkt bekanntlich das Immunsystem und sollte besonders in den Wintermonaten öfter einmal auf den Tisch kommen. Man muss es ja nicht unbedingt wie Wilhelm Busch übertreiben, aber schaden kann’s nicht! „Nur der ist klug und weise, der auf Gesundheit schaut. / Denk an die gesunde Speise und iss täglich Sauerkraut“.

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