Liebe Veganer und Vegetarier, ihr müsst jetzt mal eben weghören, denn es geht um Rindfleisch. Als Flexitarier esse ich nun mal ganz gerne ein gutes Stück vom Jungbullen Bullen. Ja, ja, mir sind alle Probleme rund um die Produktion von Rindfleisch bewusst; das hat dazu geführt, dass mein Konsum dieser Richtung in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen ist und dass ich nur noch Steaks & Co. aus verlässlicher Quelle kaufe. Bei einem Stück Filet heißt das im Klartext: Das Kilo Fleisch vom Weiderind aus einem regionalen Biobetrieb kostet mindestens 70 Euro, je nach Saison auch schon einmal über 90 Euro. Wer also nicht bereit ist, für ein Stück von 600 Gramm (das ist das Mindeste) 40 Euro auszugeben, kann an dieser Stelle aufhören zu lesen. Nun mag man einwenden, dass Filet ja gar nicht so lecker ist, weil kaum mit Fett durchzogen. Richtig, ein Entrecote schmeckt auf jeden Fall besser; das Verführerische am Filet ist sein Konsistenz, das Mundgefühl wenn es rosa gebraten auf der Zunge schmilzt wie Butter.

Der korrekte Garpunkt ist das A und O beim Gelingen von allen Zubereitungsarte des Rinderfilets. Das Filet Wellington ist besonders heikel, weil sich der Gargrad nach dem umgebenden Blätterteig zu richten hat. Denn in den wir das Stück eingepackt, zudem geschützt durch eine Schicht Duxelles. Dabei handelt es sich um eine Farce auf der Basis von Pilzen – dazu später mehr. Die Zubereitung von Rinderfilet führt immer dazu, dass man ein Sößchen separat erzeugen muss, weil das Fleisch nichts zu einer genuinen Tunke beiträgt. Deshalb geht es in diesem Rezept nicht nur um Duxelles, sondern auch um die Zubereitung einer umwerfenden Portweinsauce.

Die Zutaten (für ein Filet von 600 g):

600 g Rinderfilet aus dem Mittelstück in regionaler Bioqualität
TK-Blätterteig oder Blätterteigrolle aus dem Kühlregal
400 g kleine braune Champignons
1~2 Schalotten
150 g Kochschinken zum Würfeln
1 Handvoll glatte Petersilie
1 EL Creme fraiche
optional: 3 Scheiben bester luftgetrockneter Schinken
Butter, Salz, Pfeffer
1 Eigelb zum Bepinseln
für die Sauce:
1 kleine Möhre
1 Stück Knollensellerie
1 mittelgroße Zwiebel
100 g Champignons
1 Schuss trockener Wermut (z.B. Noilly Prat)
ca. 300 ml Rinder- oder Kalbsfond aus dem Glas
ca. 200 ml Portwein
12 schwarze Pfefferkörner, 3 Pimentkörner, 3 Wacholderbeeren, 1 Nelke
Salz
50 g eiskalte Butter

Die Zubereitung:

Kurze Vorschau: Im Prinzip läuft’s so ab – du bereitest die Duxelles vor und lässt sie abkühlen, du legst den Blätterteig zum Auftauen aus, du brätst das Filet scharf an, du streichst die Farce auf den Blätterteig, du legst das Filet drauf und wickelst es fest ein, du bepinselst das Paket mit Eigelb und backst es bei 200° Umluft 25 Minuten im Ofen.

Wichtig: Vor dem Anbraten muss dein Rinderfilet a) völlig trocken sein und b) Zimmertemperatur haben. Am besten holst du das Stück eine Stunde vor Kochstart aus dem Kühlschrank, wäschst es ganz kurz und fließendem lauwarmem Wasser und trocknest es gründlich ab. Dann lagerst du es in ein trockenes Küchenhandtuch eingewickelt bis es drankommt.

Halte von den Champignons ca. 100 g für die Sauce zurück. Die Pilze für die Duxelles müssen sehr, sehr fein gehackt sein – ja, man könnte sie sogar im Blitzhacker zerkleinern, aber mir sind sie dann zu winzig. Außerdem müssen auch die Champignons sehr trocken sein, dürfen natürlich nicht mit Wasser gewaschen sein, sondern nur durch Abreiben gereinigt werden. Übrigens: Lass die Stiele dran und schneide nur das Ende ein bisschen ab. Je nach Größe hackst du eine oder zwei Schalotten ebenfalls sehr klein. Nicht zwingend in die Duxelles gehören Schinkenwürfel, aber ich mag sie als Zubehör. Diese Würfelchen müssen ebenfalls sehr fein sein, was bedeutet, dass du dir beim Metzger deines Vertrauens eine Scheibe Kochschinken von etwa 0,3 cm Dicke auf der Maschine aufschneiden lassen musst. Wenn du deinen Wunsch einem*r sachkundigen Fleischereifachverkäufer’*in mitteilst und sagst, du müsstest feine Würfel aus dem Schinken machen, weiß sie/er schon Bescheid. Außerdem hackst du auch ein kleines Händchenvoll Petersilie sehr fein.

Schwitz die Schalottenwürfel in 1/2 EL Butter an und gib die Pilzwürfelchen dazu. Brate das so lange bis die Champignons Wasser gezogen haben und dieses wieder vollständig verdampft ist. Rühr die Schinkenwürfel und die Petersilie unter und lass die Sache noch ganz kurz weiter schmurgeln. Gib das Ergebnis in eine Schüssel, schmeck sorgfältig mit Salz und schwarzem Pfeffer ab, um zuletzt die Creme fraiche einzurühren. Lass die Farce abkühlen (nicht im Kühlschrank, einfach so und zugedeckt). Nach dem Abkühlen solltest du eine streichfähige Masse mit der Konsistenz grober Leberwurst vor dir haben.

Mit dem Blätterteig ist das so eine Sache. Selbermachen ist ein Job für Durchgeknallte, die sonst nichts zu tun haben. selbst Profis greifen daher zu TK-Produkten. Das Problem ist, dass es TK-Blätterteig in Gourmet-Qualität nicht mal eben im Supermarkt um die Ecke gibt, sondern wirklich nur in Einkaufsquellen für Profis (z.B. der Metro) oder in Luxussupermärkten (z.B. Zurheide). Empfehlenswert ist der TK-Blätterteig von Tante Fanny, den es in Rollen gibt (z.B. bei gutsortieren REWE-Märkten), oder auch von Toni Kaiser – beides übrigens österreichische Hersteller. Von den Billigangeboten der Discounter und Supermärkte solltest du die Finger lassen; TK-Blätterteig aus dem Biomarkt ist ebenfalls nicht empfehlenswert. Bleiben in der Regel also nur die Produkte der großen TK-Ketten…

Am besten lässt sich Blätterteig von der Rolle nutzen; Platten müssen a) sich überlappen und b) ausgerollt werden. Wie groß muss das Stück nun sein? Das hängt natürlich von der Größe des Filetstücks ab. Meistens ist ein Teil von 600 g Gewicht um die 15 cm lang und hat einen Durchmesser von etwa 7 bis 8 Zentimeter (also einen Umfang von ca. 24 cm). Damit du das Ding gut einpacken kannst, muss die Teigplatte jeweils 6 cm länger sein (im Beispiel also 27 cm) und 2 cm breiter als der Umfang (also in unserem Fall 26 cm). Arbeitest du mit vorgeschnittenen Platten aus der Packung muss sich also eine quadratische Fläche ergeben, die durch Übereinanderlegen und Ausrollen erreichst.

Während der Blätterteig antaut, brätst du das Filet an. Und zwar am besten in einer Gusspfanne in ganz wenig neutralem Öl (optimal: Erdnussöl, das kann am stärksten erhitzt werden, ohne zu verbrennen) und von allen Seiten, auch den Schnittkanten, gleichmäßig, sodass es von außen lecker braun aussieht. Das dürfte pro Seite kaum länger als 1 Minute dauern. Reib das Stück gut mit Salz und frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer ein. Auch das Filet sollte vor dem Einwickeln abkühlen. Bereite schon mal das Eigelb zum Einpinseln vor, indem du es mit wenig kaltem Wasser verschlägst.

Auf den angetauten Blätterteig streichst du die Duxelles so, das in der Länge jeweils 3 cm freibleiben und in der Breite jeweils 5 cm. Das Bett fürs Filet sollte in der Breite nicht ganz zentral angelegt sein, sondern leicht zu einer Seite versetzt. Und darauf legst du nun das Stück vom Rind. Verstreich den Rest oben auf dem Filet und versuche, auch ein wenig Farce an allen vier Seiten ans Fleisch zu kleben. Streich alle freien Stellen gut mit Eigelb ein. Dann schlägst du die Längsseiten vorsichtig über das Fleisch und faltest die kurzen Enden nach innen wie bei einer Geschenkverpackung. Ziel ist es, dass das gesamte Filet möglichst gleichmäßig mit der Duxelles bedeckt ist. Nun pinselst du das Paket mit dem restlichen Eigelb ein (wenn’s nicht reicht, opfere ein zweites Dotter). Leg das Paket auf ein mit Backpapier geschütztes Blech und schieb das in den vorgeheizten Ofen. Ein Filet von 5 Zentimeter Dicke braucht ziemlich genau 25 Minuten im Blätterteigmantel, um den optimalen Gargrad zu erreichen. Weil dieser Wert auf die meisten Rinderfiletstücke zutrifft, bedeutet das im Klartext: Bei weniger als 25 Minuten Backzeit wird das Fleisch ganz innen noch roh sein. Aber: Bei 30 Minuten wird das Filet in aller Regel durch und grau sein. Leider kannst du nicht mit einem Bratthermometer arbeiten, weil jedes Loch im Teigmantel negative Auswirkungen hat – glaub’s mir, ich hab’s ausprobiert.

Während das Filet Wellington backt, setzt aus vorbereiteten Zutaten die Sauce an. Und zwar schälst und schneidest du Möhre, Sellerie und Zwiebel in relativ grobe Stücke. Putz die Pilze und hack sie grob. Brate das Gemüse in 1 EL Butter ziemlich scharf an, sodass sich ein bisschen Röstgeschmack bildet. Sind die Möhren weich, löschst du mit dem Noilly Prat ab, dass es dampft. Lass den Wermut verkochen und gieß den Fonds an. Das muss jetzt einmal aufkochen und dann ca. 5 Minuten köcheln. Dann gibst du das Ergebnis in ein Sieb. Drück das Gemüse gut aus, es liefert Geschmack. Tu die Gewürze in ein Gewürzei, häng es in die Tunke und füll mit dem Portwein auf. Das lässt du jetzt auf starker Flamme um mindestens die Hälfte einkochen. Entfern das Gewürzei und schmeck mit Salz ab – kann sein, dass die Tunke zu intensiv ist; dann koch sie mit ein wenig kochendem Wasser noch einmal auf. Lass sie ein wenig abkühlen und rühr dann 100 g Butter in eisgekühlten Würfeln zum Abbinden mit dem Schneebesen ein. Die Portweinsauce sollte rötlichbraun sein, nach Wein durften und leicht sämig sein. Kommt der Portwein nicht gut genug zur Geltung, rühr erwärmten Portwein vorsichtig in die Sauce.

So, wenn du das Paket aus dem Ofen geholt hast, muss es mindestens 10, eher 15 Minuten abkühlen. Dabei solltest du es leicht in Alufolie einschlagen. Vor dem Servieren schneidest du das Ding auf und an. Schneide ein Ende ab, sodass auch schon die Schnittfläche vom Filet ab ist (das kannst du jetzt schon heimlich schnabulieren oder später). Dann fertigest du doppeltfingerdicke Scheibe an. Und zwar mit einem Brotmesser mit gezackter Klinge, damit der Blätterteig nicht zerfetzt. Im Idealfall kriegst du ein rosarotes Fleisch gleichmäßig umgeben von Duxelles und eingehüllt in knusprigem Blätterteig.

2 Kommentare

  1. Max Strammer am

    Hallo Herr Bartel,

    das Rezept ist gut und lässt sich dank der ausführlichen Anleitung auch von nicht so begnadeten Köchen umsetzen. Vielen Dank dafür.
    Sie schreiben „mir sind alle Probleme rund um die Produktion von Rindfleisch bewusst“ und führen dazu auch einiges aus. Vorher benutzen Sie aber das fatale Wort „Jungbulle“. Dieser Begriff kommt aber nun ausgerechnet aus dem Agrar-Marketing und bezeichnet – Supermarkt-Billigfleisch. (Männliche Tiere von Milchrassen, sh. hier https://schlaraffenwelt.de/jungbullen-fleisch/). 600 g davon kosten auch nicht 40 Euro, ich verstehe auch schon, dass Sie das richtige meinen, es zeigt nur, wie es dem Marketing gelungen ist, seine „wordings“ auch kritischen und sprachkundigen Leuten unterzujubeln.

    • Rainer Bartel am

      Vielen Dank für den Hinweis! Das war mir nicht bewusst. Habe den Text also entsprechend geändert.