„Backen ist nicht Kochen!“ sagt bei der ehemals interessanten Kochshow „Kitchen Impossible“ der Tim Raue immer, wenn er was mit Teig machen soll. Da hat er Recht, denn das Hantieren mit Mehl, Wasser etc. verlangt viel mehr Präzision als das Zusammenrühren irgendwelcher Sößchen. Andererseits macht es unglaublich viel Spaß, durch den Abgleich verschiedener Rezepte und freies Experimentieren irgendwann zum gewünschten Ergebnis zu kommen – zum Beispiel zu einem richtigen Ciabatta mit schönen großen Poren.

Beim Backen ist es noch viel wichtiger, sich mit Chemie und Physik zu befassen, weil man nur dann VERSTEHT, warum ein Ergebnis so oder so ausgefallen ist. Beim Ciabatta geht es – wie gesagt – um die großen Poren in der Krume (und natürlich um eine resche Kruste). Nun habe ich ganz, ganz lange recherchiert und endlich gefunden, wie die Höhlen in den Leib kommen. Es handelt sich um die CO2-Blasen, die von der Hefe entwickelt werden. Ziel ist es, dass die Gaserzeuger nicht feinteilig im Teig vorhanden sind, sondern schwerpunktmäßig. Außerdem ist es enorm wichtig, dass das Brot beim Backen sehr schnell eine Kruste entwickelt damit das Kohlendioxid nicht einfach entweicht.

Daraus ergeben sich zwei entscheidende Schlussfolgerungen bzw. Gesetze: Ciabatta-Teig nie, nie, nie kneten! Und: Du rührst einen Brei an, der eigentlich kein Teig ist. Irgendwann ist es mir gelungen, dass direkt unter der Kruste die gewünschten Riesenporen entstanden sind, aber leider nicht im Inneren. Also zurück in die Naturwissenschaften. Tatsächlich lag es daran, dass ich a) zu wenig oder b) nicht mehr besonders triebstarke Hefe verwendet habe. Andere Experimenteure schwören übrigens auf Trockenhefe, damit würde es immer funktionieren. Darauf würde ich ungern umsteigen, weil ich den Geruch frischer Hefe so sehr liebe.

Damit die gewünschten Triebkräfte entstehen, brauchst du eine „Mutter“, einen Vorteig, der beinahe flüssig ist, viel Hefe enthält und mindestens acht Stunden gehen muss. Ich lass die Mutter sogar 16 bis 18 Stunden stehen – zwischendurch blubbert der Brei richtig, beruhigt sich dann aber wieder.

Die Zutaten (für ein Ciabatta von ca. 600 g):

insgesamt 1 Würfel (= ca. 40 g) frische Hefe
insgesamt 420 g Mehl Tipo 00 oder Type 550
insgesamt 340 ml Wasser
etwa 1 TL Salz
1 Behälter für den Vorteig
1 Rührschüssel fürs Mischen
1 Rührschüssel fürs Ruhen
1 ovaler gusseiserner Schmortopf
runder Holzkochlöffel
Backkarte aus Kunststoff
Klarsichtfolie
Backpapier

Die Teigherstellung:

Die Mutter solltest du in einem Gefäß anrühren, das etwa die doppelte Menge fasst, die du anfangs reintust. Zerbrösel 20 g Hefe in einem Schälchen und verrühr sie mit 170 ml handwarmem(!) Wasser. Gib ihr 10 Minuten zum Aufwachen. Sieb nun 130 g Mehl in das Behältnis und gieß dann das Hefewasser hinzu. Verrühr das Gemisch rasch mit einer Gabel, sodass kein trockenes Mehl mehr zu sehen ist. Verschließ den Behälter mit Klarsichtfolie und lass die Mutter nun 8 bis 16 Stunden bei Zimmertemperatur in Ruhe.

Die Ciabatta-Mutter bei der Arbeit

Die Ciabatta-Mutter bei der Arbeit

Am nächsten Tag stellst du wie beschrieben Hefewasser aus weiteren 20 g Treiber und ebenfalls 170 ml handwarmem Wasser an. Du kannst dieser Mischung gern eine Prise Zucker beifügen, dann hat die Hefe was zum Knabbern. Jetzt brauchst du eine ausreichend große Rührschüssel. Hinein siebst du das Mehl und mischst dann das Salz hinein. Dann gibst du das Hefewasser hinzu und auch den Vorteig. Nimm einen Holzkochlöffel und rühr das Ganze schnell zusammen – das darf kaum länger als 20 sec dauern.

Anschließend wird der Teig, der mehr ein Brei ist, geschlagen – so ähnlich wie beim Herstellen von Spätzleteig. Das geht am besten mit einem runden Kochlöffel und sollte pro Durchgang nicht mehr als 2 min dauern. Der Rhythmus ist: 2 min schlagen, 10 Minuten ruhen lassen. Wiederhole das drei Mal. Nebenbei schaltest du den Backofen an und lässt ihn auf niedrigster Stufe (50°) vorheizen. Öl eine Schüssel leicht ein und füll den Teigbrei dorthin um. Deck die Schüssel ab und stell sie für 1 h ins Rohr zum weiteren Aufgehen.

Der fast flüssige Ciabatta-Teig

Der fast flüssige Ciabatta-Teig

So ab Minute 40 wird der Teig Blasen schlagen – das ist erwünscht. Mehl die Arbeitsfläche ein und zieh den Teig aus der Schüssel, um ihn auf die Fläche zu befördern. Achtung: Unbedingt nichts von dem Mehl dort in den Teig einarbeiten! Der Breiteig wird ziemlich auseinanderfließen, aber auch das ist erwünscht. Bring ihn mit einer Backkarte in rechteckige Form und schlag dann das eine kurze Ende über das andere. Lass den Teig 10 min ruhen, dabei wird er wieder auseinanderfließen. Erzeuge wieder ein Rechteck und falte den Teig erneut. Wieder 10 min in Ruhe lassen. Wiederhole das Falten insgesamt drei Mal. Vor dem zweiten Mal streust du ein wenig Mehl auf die Oberseite. Vor dem dritten Mal hebst du den Teigling an und schiebst ein bisschen Mehl unter den Klumpen.

Der Backvorgang:

Inzwischen hast du den Backofen auf 250° Unter-Oberhitze aufgeheizt – und zwar mitsamt dem Gusseisenpott. Nach dem letzten Falten hievst du das zukünftige Ciabatta auf ein Stück Backpapier. Hol den Pott aus dem Ofen (Vorsicht: Ultraheiß!!!). Nun fasst du das Backpapier an den Längsseite an, faltest es nach oben, so dass eine Art Hängematte entsteht, und transportierst es so in den Topf. Schneide das Papier so zurecht, dass es nicht mehr über den Teig schlagen kann. Streich das Ciabatta mit reichlich warmem Wasser ein und streu eine kleine Handvoll Mehl darüber.

Das fertige Ciabatta in voller Schönheit

Das fertige Ciabatta in voller Schönheit

So kommen Topf und Teig wieder in den Backofen. Nach 15 min schaltest du die Hitze auf 220° herunter. Der Laib wird dann noch ungefähr 25 bis 40 Minuten brauchen, um gar zu werden. Du kannst dich da auf die Farbe verlassen. Ist das Ciabatta goldbraun, ist es fertig. Nun kommt es aus dem Topf auf ein Gitter zum Abkühlen. Übrigens: Du kannst auch den Klopftest machen, um herauszufinden, ob das Brot fertig ist. Klopfst du mit einem Fingerknöchel auf die Rückseite, muss es so richtig hohl klingen.

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