Schon seit vielen Jahren rettet, heilt und pflegt der Düsseldorfer Comedyartist Guido Hoehne Fledermäuse in Not.

Gespräch · Meine Lieblingsflieger sind Mauersegler und Fledermäuse. Während man das Pfeifen der Segler im Sommer oft hören kann, bewegen sich Fledermäuse für unsere Ohren geräuschlos. Nun bin ich schon seit Langem Fan der Facebook-Seite der Düsseldorfer Fledermausschützer und wusste, dass Guido Hoehne, mein alter Kollege aus Theaterhaus-Zeiten (dazu demnächst mehr) und seine Frau Judith Funk hinter dieser ehrenamtlichen Initiative steckt. Denn Guido bietet schon seit vielen Jahren Fledermaus-Führungen im Volksgarten und Südpark an. Grund genug, mit ihm bei einem Hundegang am Rhein einmal ein längeres Gespräch zu führen. Hier ist es. [Lesezeit ca. 7 min]

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Sag mal, Guido, wie bist du überhaupt auf die Fledermaus gekommen?
Durch mein Kinder-Zauber-Theaterstück „Tiberius Schlabberzahn“. Als ich als zahnloser Vampir auf der Bühne stand, fragten mich die Kinder immer nach meiner Fledermaus, weil sie dachten, dass ein „richtiger” Vampir natürlich auch eine Fledermaus hat. Sie hatten sehr viele Fragen rund um die Tiere, die ich einfach kompetent beantworten wollte. So habe ich angefangen, mich für Fledermäuse zu interessieren und mich damit zu beschäftigen. Das liegt knapp 30 Jahre zurück. Mittlerweile habe ich in das Theaterstück sogar eine unsichtbare Fledermaus namens Walter eingebaut, die mit ihrem Schabernack für Lacher sorgt.

Guido Hoehne in seiner Rolle als Tiberius Schlabberzahn

Guido Hoehne in seiner Rolle als Tiberius Schlabberzahn

Wo in Düsseldorf leben eigentlich Fledermäuse?
Fledermäuse leben überall in unserer Stadt. Verschiedene Arten haben verschiedene Behausungen: Zwergfledermäuse leben etwa an Gebäuden, weil sie wärmeliebend sind und sich in Spalten oder unter Dachziegeln wohlfühlen, während Rauhautfledermäuse und Abendsegler Parks und Wälder bevorzugen, wo sie in Baumhöhlen leben.

Welche Arten gibt es in unserer Stadt? Wie groß ist die größte, wie klein die kleinste Art?
Hier in Düsseldorf gibt es zwölf verschiedene Arten von Fledermäusen. Am weitesten verbreitet ist die Zwergfledermaus. Auch ausgewachsene Tiere passen locker in eine Streichholzschachtel und wiegen um die 5 Gramm. Die größte Art ist der große Abendsegler mit einem Gewicht von ca. 30 Gramm und einer Flügelspannweite von 40 Zentimetern. Die kleinste Art ist die Mückenfledermaus – sie wiegt um die 4 Gramm und hat eine Flügelspannweite von 22 Zentimetern.

Fledermaus-Baby: Kleiner und leichter als ein Cent-Stück

Fledermaus-Baby: Kleiner und leichter als ein Cent-Stück

Welche Leute finden denn Fledermäuse in Not, die zu euch in Behandlung kommen?
Fledermäuse sind sehr schlau. Sie zeigen sich auch tagsüber, wenn sie in Not sind. Sprich, wenn eine Fledermaus am Tag gesichtet wird, braucht diese in der Regel Hilfe. Fledermäuse werden sehr oft beim Gassigehen von Hunden entdeckt. Leider kommen auch viele Fledermäuse in unsere Station, die Katzenbesitzern von ihrem Tier vor die Füße gelegt wurden. Was schon mal viel helfen würde: Freigänger-Katzen bei Dämmerung – sowohl morgens als auch abends – nicht rauszulassen. Viele Fledermäuse fliegen auch in Gebäude hinein, weil sie ein gekipptes Fenster als „Spalt”, also als potenzielles Quartier, wahrnehmen und werden oft erst Tage später entdeckt, wenn sie schon völlig erschöpft und dehydriert sind. Während der Baby-Saison werden oft Fledermaus-Babys gefunden, die von der Mutter zurückgelassen wurden, weil diese durch eine Katze oder Windrad ums Leben kam. Viele Fledermäuse werden auch einfach beim Spazierengehen auf einem Weg liegend gefunden. Gerade im letzten Corona-Lockdown, wo sehr viele Leute vermehrt zu Hause waren und mal Zeit hatten, in die Natur rauszugehen oder auch nur in den eigenen Garten, haben wir viele Fundtiere bekommen.

Guido Hohne bei einem seiner Vorträge über die Fledermaus

Guido Hohne bei einem seiner Vorträge über die Fledermaus

Und wie kommen die Finder auf euch?
Wir sind durch unsere Website sowie unsere Facebook-Seite sehr gut zu finden. Oftmals googeln die Leute Begriffe wie „Fledermaus gefunden, was tun” oder „Fledermaus Düsseldorf” und kommen dann sehr schnell auf Fledermaus NRW. In der Regel ist es für die Finder die erste Begegnung mit einer Fledermaus. Wir erklären den Leuten dann immer ganz genau, wie man eine Fledermaus sichert (am besten in einer Teeschachtel mit ein paar Luftlöchern im Deckel und etwas Küchenrolle am Boden, damit sich das Tierchen festhalten und verstecken kann) und bitten sie dann, uns das Tier vorbeizubringen. Da wir Ehrenamtler sind, die ihre komplette Freizeit in die Pflege der Tiere investieren, ist diese Unterstützung durch die Finder wirklich wichtig.

Fledermaus

Welche Art Verletzungen gibt es?
Viele Tiere werden erschöpft aufgefunden. Aufgrund der Tatsache, dass es 70 Prozent weniger Insekten, also 70 Prozent weniger Futter für die Fledermäuse gibt, finden diese oftmals nicht mehr genug Nahrung. Auch triviale Erkrankungen wie eine Blasenentzündung können eine Fledermaus außer Gefecht setzen, so dass sie erschöpft landet und gefunden wird. Zu den schlimmen Verletzungen zählen Katzenopfer, die oft Brüche, Fleischwunden oder zerfetzte Flügel haben. Wir geben unser Bestes, um diesen Tieren angemessen zu helfen. Leider bleibt dann manchmal nur noch das Erlösen durch den Tierarzt.

Wie und wo werden geheilte Fledermäuse ausgesetzt?
Genau wie wir sind Fledermäuse ortstreu und haben Freunde und Familie in ihrem gewohnten Umfeld. Deshalb lassen wir die Tiere dort wieder raus, wo sie gefunden wurden, damit sie sofort wieder Anschluss an ihre Gruppe haben. Wir haben schon sehr oft erlebt, dass Fledermäuse, die wir wieder auswildern, von ihren Artgenossen direkt „abgeholt” werden. Die Tiere umkreisen einander dann zur Begrüßung wie Schmetterlinge, das Schauspiel konnten wir oftmals schon minutenlang beobachten. Man merkt direkt, dass die Tiere sich dort, wo wir sie rauslassen, gut auskennen und direkt zielstrebig wieder in die Nacht flattern.

Judith und Guido - die Fledermausretter

Judith und Guido – die Fledermausretter

Wann habt ihr mit eurer Arbeit begonnen?
Es begann im Jahr 2014 mit den ersten öffentlichen Fledermaus-Führungen, die wir angeboten haben. Für mich als Bühnenmensch lag es nahe, dass ich meine große Begeisterung für die Fledermäuse mit anderen teilen und vermitteln wollte, wie nützlich, sozial und faszinierend diese Tiere sind. Meine Frau teilt zum Glück meine Liebe zu den Flattertieren. Nach und nach haben sich Leute gemeldet, die eine geschwächte oder verletzte Fledermaus gefunden hatten, da sie uns durch die Führung kannten und geschlossen haben, dass wir uns mit Fledermäusen auskennen. Wir wollten helfen und sind so Stück für Stück in die Fledermauspflege reingerutscht.

Wie habt ihr gelernt, Fledermäuse zu heilen?
Unsere Fähigkeiten haben wir im bundesweiten Austausch mit anderen erfahrenen Stationen sowie in der Zusammenarbeit mit Tierärzten erworben und bauen das alle gemeinsam stetig aus. Sehr vieles ist einfach Learning by doing – selten gleicht ein Tier dem anderen.

Fledermaus

Wie viele Tiere habt ihr denn bisher retten können?
Neben den Tieren, die wir in unserer eigenen Station und unseren Partnerstationen behandeln, leisten wir sehr viel an Vermittlungsarbeit weit über die Grenzen von NRW hinaus. Inzwischen hat sich einfach herumgesprochen, dass wir über ein sehr gutes Netzwerk verfügen und nicht eher aufgeben, bis gefundene Fledermäuse in eine qualifizierte Pflegestation vermittelt wurden. Schätzungsweise konnten wir in den fünf Jahren unserer Arbeit circa 250 Fledermäuse retten.

Gibt es weitere Fledermaus-Retter in Düsseldorf bzw. in der Region und NRW?
Es gibt leider immer noch viel zu wenig Menschen, die sich hier entsprechend engagieren. Hier in Düsseldorf sind wir momentan weit und breit die einzigen, die diese Aufgabe ernsthaft übernehmen. Aber unser lokales Netzwerk wächst: Inzwischen haben wir Stationen in Aachen, Arnsberg, Meerbusch, Neuss, Ratingen und Wuppertal, mit denen wir eng zusammenarbeiten.

Alles rund um die Fledermaus - mit dem Fledermaus-NRW-Logo

Alles rund um die Fledermaus – mit dem Fledermaus-NRW-Logo

Wie können Fledermausfreund:innen (und solche, die es werden wollen) euch helfen?
In erster Linie suchen wir Leute, die ebenfalls Fledermäuse pflegen möchten, um dieses Ehrenamt auf mehrere Schultern verteilen zu können. Gerade jetzt, wo die Fledermaus-Babyzeit unmittelbar bevorsteht, benötigen wir dringend Hilfe! Natürlich immer auch für die Versorgung adulter Tiere, die geschwächt oder verletzt gefunden werden. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung mit Leuten, die uns kontaktieren und helfen möchten, haben wir einige Kriterien festgelegt, um von vornherein sicherstellen, dass es für beide Seiten auch wirklich passt, damit mehr Fledermäusen geholfen werden kann.

Fledermauspfleger benötigen folgende „Superkräfte“:
– haben viel Geduld und die nötige Zeit bzw. Möglichkeiten, sich um die Tiere zu kümmern (gerade die Fledermaus-Babys müssen alle 2 Stunden gefüttert werden),
– leben in einem Haushalt ohne Katzen (Hunde sind erwiesenermaßen kein Problem),
– sind 35 Jahre oder älter beziehungsweise pensioniert mit entsprechender Zeit,
– wohnen in Düsseldorf oder der näheren Umgebung,
– haben im besten Fall (wünschenswert, aber kein Muss!) schon mal Wildtiere gepflegt und wissen, was das für eine große Verantwortung ist,
– sind sich im Klaren darüber, dass Fledermäuse KEINE Haustiere sind, sondern streng geschützte Wildtiere, die, wenn sie ausgewachsen und entsprechend fit sind, auf jeden Fall ausgewildert werden müssen.

Wieviel Zeit kostet euch diese Arbeit? Welche Kosten entstehen euch?
Um ehrlich zu sein, stecken wir unsere komplette Freizeit in die Pflege der Tiere. Das ist mehr ein zweiter Vollzeitjob als ein Hobby. Aber wir können uns unser Leben ohne die Tiere nicht mehr vorstellen! Für uns ist es ja nicht nur die Pflege der Tiere, sondern auch sehr viel Zeit am Telefon, die wir mit der Vermittlung von Tieren und der Beratung von Findern verbringen, unsere Infostände, mit denen wir auf diversen Veranstaltungen unterwegs sind – und natürlich unsere Fledermaus-Führungen. Vorträge an Schulen sowie Mitmachprojekte für Kinder gehören ebenfalls zu unserem Portfolio.
Von den Kosten für Futter, Unterbringung, Medikamente und Material für unsere Führungen kommt sehr viel aus unserer privaten Kasse. Wer uns etwas spenden möchte, kann dies gerne per Paypal unter danke@fledermaus.nrw tun oder über etwas von unserer Fledermaus-NRW-Amazon-Wunschliste.

[Alle Fotos wurden uns von Fledermaus NRW zur Verfügung gestellt.]

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