Die Älteren unter unseren Leserinnen und Lesern werden sich erinnern. Vor nicht ganz einem Jahr kommentierte The Düsseldorf die Einladung des ehemalige Chefs des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, aktives und prominentes Mitglieder der sogenannten „Werteunion“ durch die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel auf durchaus polemische Weise. In der ursprünglichen Fassung ordneten wir Frau Pantel der obskuren Organisation ebenfalls als Mitglied zu. Woraufhin sie uns ihre Anwälte mit einer Abmahnung auf den Hals hetzte.

Auf den Hinweis, Frau Pantel sei nicht Mitglied der Wertunion reagierten wir umgehend, bedankten uns für den Hinweis und änderten den Beitrag entsprechend. Trotzdem bestand die Kanzlei RAe Höcker aus Köln auf ihrer Abmahnung und forderte insgesamt 1.564,26 Euro. Angesetzt hatte man einen Streitwert von 30.000 Euro. Eine Auswertung unserer Zugriffszahlen ergab, dass zwischen 07:25 (Veröffentlichung) und 15.04 (Veröffentlichung der geänderten Verfassung) weniger als 50 Personen den Beitrag mit der Falschbehauptung gelesen hatten.

Da wir a) den Streitwert für völlig überzogen hielten und b) den Schaden bei der geringen Leserzahl nicht erkennen konnten, beauftragten wir unseren Anwalt, die Abmahnung abzulehnen. Und dann passierte erst einmal nichts. Bis RAe Höcker beim Amtsgericht Klage wegen der Kosten einlegte, wohingegen unser Anwalt einen Vergleichsvorschlag machte. Ende vom Lied: Vor wenigen Wochen hat das Amtsgericht dem Vergleich zugestimmt. Wir mussten 782,13 Euro zahlen – die Leistung unseres Anwaltes kommt hinzu, weitere Gebühren fielen nicht an.

Übrigens: Seit Oktober 2019 ist der besagte Hans-Georg Maaßen Of counsel in der Kanzlei Höcker; Ralf Höcker war bis zu seinem vollständigen Rückzug aus der Politik Mitglied und Pressesprecher der Werteunion.

Wer sich also fragt, was es kostet, ein Online-Magazin wie The Düsseldorfer zu machen, sollte auch den Posten Rechtskosten berücksichtigen. Und wer uns bei unserer Arbeit unterstützen will – auch im Zuge solcher Rechtsstreitigkeiten – der tut das am besten durch ein Abo.

2 Kommentare

  1. Günther A. Classen am

    Hallo, Chefred,

    seltsam, diese merkwürdige Unterlassungsklage lediglich wg. der unterstellten Mitgliedschaft in der rechtskonservativen Werteunion.

    Mit derartigen Maulkorbversuchen müssen Journalist*innen und Politiker*innen bisweilen leben. Mir wurde ehedem von einer personalstarken Kö-Sozietät, an deren Spitze ein ehemaliger Außenminister fungierte und die in diesem Fall einen Düsseldorfer Bürgermeister derselben Partei vertrat, ebenfalls eine einstweilige Verfügung bzgl. falscher Tatsachenbehauptung/en und Beleidigung per reitenden Boten ins Haus expediert über saftige 500.000 DM, die aber mein Anwalt seinerzeit mit einer sog. „einstweiligen Unterschutzstellung“ nicht nur erfolgreich aushebeln und abwiegeln, sondern am Ende seine Kostennote bei der Gegenseite und dem Initiator eintreiben konnte.

    Habe die „Polemik“, sprich: den Kommentar über Silvia Pantel gerade noch einmal goutiert, die/der insgesamt ein gutes Dutzend geradezu vernichtender Fakten und saftiger verbaler Ohrfeigen enthält, wohingegen die falsche Behauptung einer Mitgliedschaft in der „Werteunion“ als geradezu zu vernachlässigende Petitesse erscheint.

    Bitte weiter so.

  2. Günther A. Classen am

    Dabei steht Pantel der Werteunion sehr wohl recht nahe, wie sie der Westdeutschen Zeitung noch am 2. September 2019 versicherte: „Die Anliegen der Werteunion teile ich in vielen Bereichen ideell, auch wenn ich dort kein Mitglied bin.“ Die Werteunion stehe für „werteorientiertes politisches Handeln“ [und] habe für die CDU „geistig-politisch eine große Bedeutung, will die CDU Volkspartei bleiben“.
    Quelle:
    https://www.wz.de/politik/inland/welche-rolle-die-werteunion-innerhalb-der-cdu-spielt_aid-45551849

    Die Kanzlei Höcker, die Silvia Pantel beauftragte, ist zudem keine unbekannte:

    “Recep Tayyip Erdoğan

    Höcker reichte im Mai 2016 im Auftrag des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan beim Landgericht Köln einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE Mathias Döpfner ein. Döpfner hatte sich im Zuge der Böhmermann-Affäre öffentlich mit Böhmermann solidarisiert.[13] Der Antrag wurde in erster Instanz abgelehnt.[14] Gegenüber Medien verglich Höcker den Umgang mit Erdoğan mit einer „Massenvergewaltigung“, die zu einer Enthemmung führe, bei der am Ende alle mitmachten.

    Höcker vertritt Erdoğan in all seinen Beleidigungsklagen nach dem Böhmermann-Gedicht in Deutschland außer in der Klage gegen Böhmermann persönlich.[16]

    Im Namen eines Mitarbeiters des Verfassungsschutzes ging Höcker unter anderem gegen die Tageszeitungen Die Welt und Junge Welt vor, die über eine mögliche Verstrickung des Mannes in den Sprengstoffanschlag des NSU auf der Probsteigasse 2001 in Köln berichtet hatten.

    Anfang Mai 2019 sprach Höcker zum Thema „Anwält*innen gegen Journalist*innen: Gefahr für die Pressefreiheit?“

    Höcker war seit 2019 Mitglied der CDU und der WerteUnion. Am 15. Juni 2019 wurde Höcker zum ehrenamtlichen Pressesprecher der WerteUnion gewählt.

    Am 13. Februar 2020 teilte Höcker auf Facebook seinen „Austritt aus sämtlichen politischen Organisationen“ mit und begründete dies mit einer am selben Tag erhaltenen Drohung. Am 31. März 2020 wurde bekannt, dass der Staatsanwaltschaft keine Drohung gegen Höcker bekannt sei, es wurde auch keine strafrechtlich relevante Nötigung festgestellt.

    Höcker wird wegen seiner politischen Ansichten und seiner „robusten“ Mandatsausübung gegenüber Journalisten kritisiert.

    Im März 2017 wurde bekannt, dass Höcker zudem versuchte, die Stiftung Warentest an der namentlichen Nennung zweier Autark-Firmen wegen ihrer hochriskanten Anlageangebote zu hindern. „Ralf Höcker hält es für seinen Job, Journalisten zu beeinflussen, indem er sie bedroht“, schreibt die Stiftung Warentest.

    [Höcker] “Natürlich ist es meine Aufgabe, Journalisten zu drohen. Warum sollten Journalisten der einzige Berufsstand sein, dem man nicht drohen darf?”
    […] Ich zeige Journalisten die Grenzen auf, definiere das Zulässige. Das heißt konkret: Ich drohe mit einstweiligen Verfügungen, Gegendarstellungen, Schmerzensgeld, Schadenersatz, was auch immer.“

    Anfang Mai 2019 sprach Höcker zum Thema „Anwält*innen gegen Journalist*innen: Gefahr für die Pressefreiheit?“

    Am 11. Mai 2019 hielt Höcker auf der von der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag veranstalteten „1. Konferenz der freien Medien“ einen Vortrag „für journalistische Ethik und gegen Fake-News“ und betonte, er würde diesen „auch vor der Antifa halten“

    alles aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Ralf_H%C3%B6cker

    Mehr über die Kanzlei Höcker:

    https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Gross-gegen-klein-Medienanwalt-vs-Redaktion,hoecker152.html

    “Er hat sich darauf spezialisiert, im Auftrag angeblicher oder tatsächlicher Opfer von Berichterstattung gegen Medien vorzugehen. Zu seinen prominenten Klienten gehören Heidi Klum, Alice Weidel, Jörg Kachelmann und Recep Tayyip Erdoğan.”
    https://uebermedien.de/39316/wie-ralf-hoecker-versucht-journalisten-einzuschuechtern/

    Im vorstehenden Interview erläutert Medienrechtler Thorsten Feldmann, dass Journalisten keineswegs Höckers juristischen Attacken hoffnungslos ausgeliefert sind, sondern sich durchaus mit einer “negativen Feststellungsklage” dagegen wehren können.
    “Die [Feststellungsklage] ist das passende Instrument für alle Situationen, in denen man sich unberechtigten Ansprüchen ausgesetzt sieht. Allerdings habe ich eine solche Klage eines Journalisten noch nie gesehen. Die braucht es auch meistens nicht. In der Regel werden die im Vorfeld aufgeworfenen Fragen und Forderungen nach der Veröffentlichung im Unterlassungsprozess, den der Betroffene anstrengt, geklärt. Und wie man mit Drohungen umgeht, muss jeder für sich entscheiden.” (Thorsten Feldmann).

    Es geht also auch anders
    Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln:

    “Schon länger versuchte Höcker, sich an Journalismus-Ikone Günter Wallraff zu profilieren. Höcker hatte honorarträchtig jenen Brötchenhersteller vertreten, dessen widerwärtige Arbeitsbedingungen Wallraff einem breiten Publikum präsentiert hatte. Höckers Attacken gegen Wallraff selbst, dessen Sender und berichtende Medien gerieten dem Anwalt juristisch wie publizistisch dramatisch erfolgloser als die Kachelmann-Unterlassungsbegehren. Gerade erst verlor Höcker für seinen „Brötchengeber“ an seinem Hausgericht Köln gegen einen großen Zeitungsverlag, der sich erfolgreich u.a. auf den Zeugen Wallraff berufen hatte. Der teilweise widersprüchlichen Aussage eines vom Brötchenbäcker aufgebotenen Zeugen, der sich ganz genau erinnern wollte, mochte das Gericht keinen Glauben schenken.”
    Quelle:
    https://kanzleikompa.de/2013/01/26/hurra-dass-rechtsanwalt-hocker-nicht-ins-gefangnis-muss/
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