[Kolumne] …du hast es nicht leicht. Du bist Zankapfel, Schmuddelkind, Notlösung und Ärgernis. Wer dich wie findet, hängt von den jeweiligen Interessen ab. Man könnte auch sagen: von den egoistischen Interessen diverser Politiker und der verschiedenen Verkehrsteilnehmer. Der OB und seine Mitstreiter sagen, du könntest helfen, Fahrverboten zu vermeiden. Die CDU-Opposition findet dich schlecht geplant und nicht durchdacht. Obwohl doch der CSU-Verkehrsminister ausdrücklich begeistert ist von dir. Am vernünftigsten sind noch diejenigen, die sagen: Nun lasst es uns doch einfach mal ausprobieren.

Dabei ist doch klar, dass Autos mit Verbrennungsmotor über kurz oder lang aus der Stadt verschwinden müssen. Das ist das Fernziel der sogenannten „Verkehrswende“. Denn Benzin- und Dieselmotoren verpesten die Luft. Wer das leugnet, leugnet vermutlich auch den menschengemachten Klimawandel. Wie schwierig die Sache ist, sieht man daran, dass Düsseldorf bisher vollkommen autogerecht gestaltet ist. Das haben wir dem Planungschef Tamms zu verdanken, der direkt aus dem Speer’schen Ministerium der Nazizeit in die bundesdeutsche Stadtplanung wechselte. Wie in vielen anderen Großstädten gehört den Autos immer noch die überwiegende Menge an Straßenraum.

Für die umweltfreundlichen Verkehrsmittel wie Straßenbahnen, Bussen und Fahrrädern bleibt da bisher zu wenig Platz. Aber nicht nur die Stadtplanung ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Denn das Hauptproblem der stinkenden Mobilität sind die Pendler. Das sind die Menschen, die ihren Arbeitsplatz in Düsseldorf haben, aber außerhalb wohnen. Die überwiegende Mehrheit von ihnen kommt mit dem Auto in die Stadt. Dabei ist die Pendelei nicht so sehr Ursache der Probleme, sondern die Folge des ungestümen Wachstums. Für alle rund 300.000 Pendler gab und gibt es nicht genug Wohnraum in der Stadt – bezahlbaren und familiengerechten zumal.

Schon in den Sechzigerjahren sind massenhaft Familien in ihre neue Reihenhäuser in den Vororten gezogen, weil es da schöner war und sie es sich leisten konnten, dort zu bauen. Weil die Menschen zudem immer mehr Wohnfläche pro Person wollen, bietet die Menge an existierenden Wohnungen in der Stadt einfach nicht genug Platz. Das massive Pendeln ist also eine Folge jahrzehntelang verfehlter Wohnungspolitik. Und sage niemand, hey, man hat die Leute doch nicht gezwungen, in die Walachei zu ziehen. Und sage niemand, hey, warum suchen die sich nicht woanders einen Arbeitsplatz. Und sage auch niemand, hey, die müssen doch nicht alle mit dem Auto nach Düsseldorf zur Arbeit fahren.

An umweltfreundlichen Alternativen mangelt es. Das liegt vor allem an der über Jahrzehnte verfehlten Verkehrspolitik. Ganze Regionen, in denen Pendler leben, sind vom Bahnverkehr abgeschnitten. Das war auch mal anders. Der ÖPNV wurde über die Jahre kaputtgespart – auch was Verbindungen aus dem Umland angeht. Und natürlich auch innerstädtisch. Jetzt empfiehlt man den Arbeitsnomaden das Park&Ride-System, dessen real existierende Kapazität geradezu lachhaft ist. Wenn sich dann einer entschließt, nur noch – als Beispiel – zum Parkplatz am Südpark mit dem Auto zu kommen, um dann auf die Straßen- bzw. U-Bahn umzusteigen, kriegt er es mit Unpünktlichkeit, langen Wartezeiten und Ausfällen zu tun. Die Pendler sind also die Gekniffenen. Die müssen demnächst auch noch deine gutgemeinte Existenz ausbaden, liebe Umweltspur.

Völlig verrückt – das sagen Experten für Verkehrssicherheit – ist es, dass sich Fahrräder die Spur mit Bussen, Taxen und Fahrgemeinschaften teilen müssen. Alles Verkehrsmittel mit völlig unterschiedlichen Ansprüchen. Ob Appelle an Busfahrer und Taxichauffeure reichen, umsichtig zu fahren, wird sich zeigen. Nicht dass die Zahl der Unfälle, bei denen Radfahrer getötet oder verletzt werden deutlich steigen. Bisher – das betrifft deine Teilstückchen auf der Merowinger- und der Prinz-Georg-Straße – funktioniert die Koexistenz ganz gut. Ob das so bleibt, wenn du vom Südring quer durch die Stadt bis zum Kennedy-Damm reichst, wird sich dann auch zeigen.

Wenn alles gut läuft, wenn wirklich weniger Verbrenner durch Düsseldorf stinken, wenn sich der Autoverkehr nicht einfacher von den alten Achsen der autogerechten Stadt auf Schleichwege verlagert, wäre viel gewonnen. Man hätte dem Auto Platz weggenommen und den umweltfreundlichen Fahrzeugen gegeben. Dass dies klappen kann, beweisen Städte wie Oslo, Kopenhagen und einige Orte in den Niederlanden. Und wäre den ersten Schritt in Richtung verbrennerfreie Stadt getan. Das wird aber nur klappen, wenn parallel das P&R-System massiv ausgeweitet und der ÖPNV drastisch verbessert würde.

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