…ihr seid so etwas wie der Bubble Tea des Jahres 2019. Euer real existierendes Vorhandensein ist das Ergebnis eines gigantischen Hypes, befördert von den schlimmsten PR-Agenturen dieses Planeten. Auch wenn die weltbeherrschenden Anbieter Lime und Bird in Düsseldorf noch nicht vertreten sind, sind sie doch die Treiber dieses verhängnisvollen Trends. Dahinter stehen großmächtige Investoren. Google und Uber haben mehr als 330 Millionen US-Dollar in Lime investiert. Bei Bird ist der Gründer von Lyft (dem einzigen Uber-Konkurrenten) mit ebenfalls gut 300 Millionen US-Dollar im Boot.

Kein Wunder, dass sich die üblichen Start-Ups ganz schnell etablieren wollen, um sich dann für zig Millionen von den Giganten aufkaufen zu lassen. Das war bei Bubble Tea nicht anders, wobei es beim Zuckerwasser mit Blasen keine Giganten gab. Aber jede Menge Start-Ups, die in knapp einem Jahr pleitegingen. Es geht erstmal nur um Marktanteile, nicht um Gewinne. Man kennt das vom Krieg der Lieferdienste, bei dem Lieferando mal eben Foodora schluckte. Wie wenig es um Profit geht merkt man daran, dass sowohl Lime, als auch Bird in den USA massive Verluste einfahren.

Eine Studie, die auf öffentlich zugänglichen Zahlen aus Louisville, Kentucky, basieren, zeigen, dass ihr gerade einmal 28 Tage im Schnitt haltet. Dann müsst ihr entweder weggeworfen oder grundsaniert werden. Dabei liegen die Kosten für einen von euch bei rund 500 US-Dollar. Leider erwirtschaftet ihr im Schnitt nur knapp 3,50 US-Dollar Umsatz pro Tag. Rechnet selbst… Die geringe Lebensdauer hat ihren Grund: Es handelt sich bei euch immer um Modelle aus chinesischer Fertigung, die für den Verkauf an Privatkunden gedacht sind. Und zwar chinesische. Deshalb seid ihr für eine maximal Last von kaum 90 Kilo vorgesehen – genutzt werdet ihr in den USA aber a) gern von Menschen mit mehr Masse und b) nicht selten auch zu zweit.

Der Hersteller Xiaomi gibt an, dass sein Einstiegsmodell für eine Gesamtfahrleistung von etwa 1.000 Meilen gemacht ist. Die bringt einer von euch als Mietroller – z.B. in Paris – locker in 80 Tagen zusammen. Wenn alles gut läuft, haltet ihr also freundlich gerechnete drei Monate. Allerdings nur in der warmen und trockenen Jahreszeit. Der Verschleiß bei Regen und niedrigen Temperaturen dürften doppelt bis dreifach so hoch sein wie unter günstigen Bedingungen. Optimistisch betrachtet gibt es einfach noch nicht die richtigen E-Scooter-Modelle für den Verleih.

Burgplatz: Real existierendes E-Scotter-Chaos (Foto: C. Grüllich am 27.06.2019)

Burgplatz: Real existierendes E-Scotter-Chaos (Foto: C. Grüllich am 27.06.2019)

Realistisch betrachtet gibt es für E-Tretroller in Städten wie Düsseldorf unter den bestehenden Verkehrsverhältnissen keinen vernünftigen Grund – im Gegensatz zu den skandinavischen Metropolen (Kopenhagen, Stockholm, Oslo), die den Privat-Pkw schon seit über 20 Jahren systematisch aus den Städten verdrängen und die Verkehrswege für Fahrräder und den ÖPNV optimiert haben. Dort ist der gemietet E-Scooter eine sinnvolle Alternative für Strecken, die einem zu weit für einen Fußmarsch erscheinen, und Wegen, bei denen es sich nicht lohnt, das Fahrrad aus dem Schuppen zu holen. Bei uns aber konkurriert ihr im realen Straßenverkehr mit den Fußgängern (wenn ihr verbotswidrig auf Gehwegen benutzt werdet), mit Fahrrädern (wenn ihr auf Radwegen fahrt) und dem Autoverkehr (wenn ihr auf den Straßen bewegt werdet).

In Madrid und Paris weht euch bereits massiver Gegenwind ins Gesicht, eure Nutzung wird reglementiert, Verbotszonen werden eingerichtet. Vielleicht führt das schneller zu eurem Ende als man momentan angesichts der irrwitzigen Propaganda pro E-Scooter meinen mag. Vielleicht aber teilt ihr bald das Schicksal des Segway, von dem es einst ebenfalls hieß, er werde den Personenverkehr in den Städten revolutionieren. Nicht unwahrscheinlich aber ist, dass euch das Schicksal des Bubble Tea ereilen wird, wenn die Kunden, die es momentan hip und cool finden, per E-Tretroller durch die Gegen zu kariolen, einen anderen Hype gefunden haben, auf den sie aufspringen können.

2 Kommentare

  1. Christian Albert Otto am

    War Pfingsten in Warschau und Krakau (Toten Hosen auf Tour). Dort wimmeln die Dinger auch rum. Besonders in Warschau sind die Treter mir und meinen Mitreisenden negativ aufgefallen: Stehen im Weg, Fahren einen fast über den Haufen oder versauen aber auch jedes schöne Fotomotiv.

  2. Dörthe Stursberg am

    Heute, Sonntagmorgen 5 Uhr früh…Ein Dieseltransporter hält an der Ecke Remscheider/Gustav-Pönsgen und verteilt die Tier-Scooter rund um die S-Bahn Haltestelle Friedrichstadt, das Ganze dauert gut 15 Minuten, bei laufendem Motor des Verteilfahrzeuges und lautstarken Gerede der „Scouts“. Soviel zum Thema umweltbewusstes Handeln.
    Bürgersteige sind nun mit den Dingern vollgestellt, mit Hund, Einkaufstüten oder Kinderwagen musst Du höllisch aufpassen, die wackeligen Teile nicht umzuditschen.