Wer, wie der Verfasser dieses Artikels, in den Fünfzigerjahren oder später am Fürstenplatz aufgewachsen ist, muss denken, der Brunnen mit den drei mächtigen Statuen stünde schon immer da. Dem ist nicht so. Das ist so weit bekannt, aber der Autor des monumentalen, dreibändigen Werkes „Ars Publica“ über Kunst im öffentlichen Raum in Düsseldorf, Wolfgang Funken hat neulich wieder auf seinem Facebook-Profil aufs Genaueste erzählt, wie der Industriebrunnen entstanden ist und wie seine Geschichte bis heute weiterging.

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Leider ist „Ars Publica“ schon seit einiger Zeit vergriffen, und an eine Neuauflage ist nicht gedacht. So müssen Düsseldorfer*innen, die diese Bücher studieren wollen, sie in der Stadtbücherei ausleihen oder darauf hoffen, dass Exemplare online antiquarisch angeboten werden. Weil auch nicht jede*r, der/die sich für das Thema interessiert, Zugang zu Facebook hat, bezieht sich der folgende Beitrag ausdrücklich auf Wolfgang Funkels Darstellung, die über das, was man in der Wikipedia findet, weit hinausgeht. Das als Vorrede.

Der Industriebrunnen am alten Standort in seiner ganzen Pracht (Foto: Stadtarchiv)

Der Industriebrunnen am alten Standort in seiner ganzen Pracht (Foto: Stadtarchiv)

Die große Industrieausstellung 1902

Die Jahrhundertwende war Aufbruchzeit und eine Ära des Glaubens an eine bessere Zukunft. Denn viele Menschen waren davon überzeugt, dass die Technik und die Industrie das Leben für fast alle besser machen würde. Ausgangspunkt für diese Bewegung war die Weltausstellung in Paris von 1889, die dafür berühmt wurde, dass für sie der Eiffelturm errichtet wurde. Und weil die Konkurrenz zwischen dem Deutschen Kaiserreich, dessen Gründung dem Sieg über Frankreich im Jahr 1871 folgte, und dem Nachbarn im Westen immer noch groß war, wollte man in Deutschland so etwas ebenfalls haben – und zwar nach dem Muster der Pariser Weltausstellung von 1900.

Düsseldorf war in der Szene von Industrie & Technik als aufstrebende Großstadt durch die Gewerbe- und Kunstausstellung von 1880 bekannt geworden, und einige der Initiatoren dieser Messe ergriffen die Gunst der Stunde und machten sich auf, die Industrie- und Gewerbeausstellung 1902 nach französischem Muster Wirklichkeit werden zu lassen. Geplant (und später tatsächlich realisiert) wurde eine gigantische Ausstellung mit zahlreichen Neubauten am rechten Rheinufer von der 1900 eröffneten Oberkasseler Brücke bis über die gesamte Golzheimer Insel (der heutige Rheinpark und das Gebiet nördlich davon). Ganz dem Zeitgeist entsprechend hatte man dem Titel der ganzen Sache den Zusatz „verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunstausstellung“ gegeben und den Kunstpalast im Stile des Grand Palais on Paris als zentrales Gebäude errichtet.

Ein neuer Brunnen muss her!

Der Stand in etwa an der Stelle, an der sich heute der Kunstpalast im Ehrenhof befindet; sein Vorfeld öffnete sich zum Rhein hin, und im Zentrum dieser Fläche stand ein Zentaurenbrunnen. Der aber war nicht für die Ewigkeit gedacht und wurde nach Ende der Ausstellung abgebrochen. So wirkte das weite Gelände zwischen dem Kunstpalast und dem (im Jahr 1900 vorgeschobenen) Rheinufer einigermaßen öde. Da kamen die Herren Fritz Roeber, Georg Oeder und Wilhelm Kreis, ihres Zeichens mächtige Influencer des massiven Stadtumbaus dieser Jahre, auf die Idee, zur Erinnerung an die überaus erfolgreiche Industrie- und Gewerbeausstellung einen Brunnen an dieser Stelle zu errichten.

Im Jahr 1908 schrieb man zwei Aufträge aus – einen für den Bau des Brunnens und einen für die schmückenden Statuen. Weil es keinen Gewinner gab, ruhte die Angelegenheit ein wenig, aber dann erteilte man dem lothringischen Künstler Friedrich „Fritz“ (oder auch „Fred“) Coubillier schon mal den Auftrag, die Figuren zu entwerfen, denn der hatte sich mit dem Tritonenbrunnen am Kö-Graben in Düsseldorf schon beliebt gemacht. Das Trio aus dem Schmied Vulkan sowie einem Bergmann und einem Hüttenarbeiter sollte nicht einfach die Industrie an sich symbolisieren, sondern ganz im patriotischen Sinne die deutsche Schwerindustrie im Ruhrgebiet.

Der Brunnen muss weg!

Ein gewisser Gottfried Nestler baute nach den Vorgaben der Kommission (die den ersten Entwurf ablehnte und einen eigenen Vorschlag unterbreitete) von 1911 bis 1913 den ursprünglichen Brunnen am Rheinufer, der also ungefähr da stand, wo man heute am Fortuna-Büdchen herrliche Sonnenuntergänge erleben kann. Der Brunnen war rund, Vulkan thronte in der Mitte, und die beiden Arbeiter standen an den Seiten auf Bodenniveau. Flankiert wurde das Ganze von zwei Ruhmessäulen. So sah es dann vor dem Kunstpalast zur großen Ausstellung des Jahres 1913 nicht mehr ganz so öde aus.

Wie wir wissen, begann kurze Zeit später der erste Weltkrieg, an dessen Ende das Kaiserreich durch die erste Demokratie auf deutschem Boden abgelöst wurde. Es begann wieder eine neues Zeitalter, vor allem in allen Bereichen von Kunst und Architektur. Der heroische Stil der Jahrhundertwende war nicht mehr gefragt, Sachlichkeit war angesagt. Und als die Stadtväter und -mütter um 1922 herum beschlossen, mit der Gesolei 1925 erneut eine Ausstellung mit Weltbedeutung in Düsseldorf zu veranstalten, waren ähnlich massive Veränderungen der Stadt wie um 1900 herum in der Planung. Zu dem, was der Architekt Wilhelm Kreis sich ausdachte, passte der Industriebrunnen am Rheinufer nicht mehr – er wurde abgetragen, die Statuen eingelagert. Es entstanden Rheinterrasse und Ehrenhof, in dessen Bebauung der völlig umgebaute Kunstpalast einging.

1950: Die Statuen kehren zurück zum Fürstenplatz (Foto: Stadtarchiv Düsseldorf)

1950: Die Statuen kehren zurück zum Fürstenplatz (Foto: Stadtarchiv Düsseldorf)

Der Brunnen taucht wieder auf

Coubillier war darüber natürlich nicht erfreut und wurde nicht müde, bei den Verantwortlichen den Wiederaufbau an einem anderen Ort zu fordern. Zwischendurch hieß es, man könne einen neuen Brunnen mit den drei Bronzegiganten auf dem Oberbilker Markt bauen. Aber daraus wurde nichts. Erst 1939 wurde dann der neue Industriebrunnen an seinem heutigen Standort an der Nordseite des Fürstenplatzes errichtet. Wobei der Brunnen ja relativ schmucklos daherkommt. Das rechteckige Becken war übrigens als Löschwasserdepot gedacht, denn eigentlich sollten an dieser Stelle bepflanzte Rabatten entstehen.

Das NS-Regime aber hatte schon den Krieg auf dem Plan. Das ganze Land mit allem, was es hatte, wurde einbezogen. Und so kam es, dass der Schmied, der Bergmann und der Hüttenarbeiter 1942 schon wieder abgebaut wurden. Ja, es war geplant, die Bronze als „Metallspende“ für die Rüstung einzuschmelzen. Zum Glück konnte das verhindert werden, und so verbrachten die Riesen die restliche Kriegszeit sicher in einem Lager. Es dauerte bis 1950 bis die Statuen wieder an ihrem Bestimmungsort wieder aufgestellt wurden. Seitdem blickt Vulkan etwas unmotiviert auf die Häuserfront des Fürstenwalls, wo er doch umgedreht so schön über die Kinder auf dem Spielplatz wachen könnte.

Planschen, Spielen, Klettern

Gut, dass niemand je Hand an das Löschwasserbecken gelegt hat, denn in diesem Bassin mit kaum einem Meter Wassertiefe haben wir Fürstenplatzkinder im Sommer alle geplantscht, und manche von uns haben unter den Augen der riesenhaften Figuren dort sogar ihre ersten Schwimmversuche unternommen. Schon immer sind die Pänz auf der Anlage herumgeklettert; die Postamente für die beiden Arbeiter sind und waren für Anfänger, die echten Cracks besteigen gern den Platz des Vulkan. Daran wird sich wenig ändern, so lange der Industriebrunnen seinen Platz am Fürstenplatz behält.

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