Natürlich hat das gutgetan, sich an einem lauschigen Montagabend mit aufrechten Düsseldorfern zu treffen und eine fröhliche Runde über Straßen zu drehen, die bisher montags von Rechtarschgeigen beschmutzt wurden. Besonders schön die Vereinigung des Demonstrationszuges, der am DGB-Haus gestartet war, mit den Vertretern des Türkei-Zentrums, die exakt an der Ecke gewartet hatten, an der sich die Dittmer-Bande zuvor immer getroffen hatte – an der Back-Factory. Dann drehte der Zug und bog in die Karlstraße ein. Über den Stresemannplatz ging es unter viel zustimmenden Hupereien der Autofahrer, die an der Demo vorbeifuhren, und Applaus von den Gehwegen zur Scheurenstraße. Wirklich zu Herzen gehend dann die laut Beifall klatschenden Flüchtlinge im Eckhaus an der Adersstraße und natürlich der Bewohner dieser Straße, in der sich die hässlichsten Szenen in der kurzen Ära der „Dügida“ abspielten. Das alles war sehr fröhlich und sehr entspannt – übrigens auch seitens der Ordnungshüter. Die eher rechtsgewirkten Cops, die man in Düsseldorf in den vergangenen Wochen leider auch oft erdulden musste, hatten offensichtlich frei.

Wie die Wochen seit dem 12. Dezember oder dem 12. Januar – je nachdem, ob man das jämmerliche Pegida-Häufchen mitrechnet – ja sowieso ein viel größeres gesellschaftliches Problem sichtbar gemacht haben, als die Existenz der braun Verstrahlten. Gleichzeitig ist es ein Tabuthema, zu dem sich der spiegelglatte DPolG-Vortuner Wendt mal äußern sollte: In welchem Maße ist die deutsche Polizei von Rechtsextremen unterwandert? Wie hoch ist der Anteil an aktiven Neonazis? Wie viel Prozent der Cops sind Rassisten und/oder Linkenhasser? Denn auf welche Weise und in welchem Ausmaß sich die – man muss dieses Wort hier mal wählen – „Bullen“ nicht einfach die Dügidisten „beschützt“, sondern die Gegendemonstranten massiv und gewalttätig angegangen sind, ist nicht anders zu erklären als mit rechtsextremer Unterwanderung. Genau wie die Führung des hiesigen Verwaltungsgerichts, die sich mehrfach öffentlich als ausländerfeindlich gezeigt hat. Wie ein seit über 30 Jahren als Anwalt tätiger Düsseldorfer mit migrantischen Wurzeln auf die Frage, ob das Verwaltungsgericht „Ausländer“ benachteilige antwortete: Ja.

Ob das, was Phrasendrescher gern „Spuk“ nennen, nun vorbei ist, spielt momentan keine Rolle. Immerhin haben die schäbigen Reste der Dügida für den kommenden Montag (11.05.) erneut keine Kundgebung angemeldet. Bekannt ist aber, dass Melanie Dittmer momentan heftig an den bräunlichen Rändern der Bevölkerung baggert, insbesondere die Anhänger entsprechender Verschwörungstheorien, z.B. die sogenannten „Reichsbürger“ (zu denen man ja auch den Schnulzenkönig Xavier Naidoo zählen muss), sowie unspezifische Wutbürger mit latent antiislamischen und vor allem antisemitischen Gefühlswallungen. Selbst rechtskonservativen Freien Wählern macht die Ober-Tusse Avancen. In der organisierten rechten Szene zwischen NPD, ProNRW und Rechten kriegt sie jedenfalls keine Schnitte mehr.

Die reinigende Wirkung
Eine Gruppe ist mittlerweile besonders sauer auf die Politesse mit dem Hang zum Karaoke: Die gern „Nazi-Hools“ genannten Burschen aus Dortmund (dazu eine kleine Hand voll auch aus Düsseldorf) fühlen sich verarscht und missbraucht. Zumal deren ideologische Sattelfestigkeit auf einen unspezifischen und völlig irrationalen Linkenhass beschränkt, den sie jetzt lieber wieder an „Ultra-Zecken“ abarbeiten – da werden sie wenigstens nicht ausgelacht wie während der Montagslatschereien hinter der Dittmer. Wer mit marschiert ist, hat sich stellenweise auch den Ärger der Hools eingehandelt, die sich selbst unpolitisch sehen und verstehen. Der eine oder andere Mitläufer soll schon von Kollegen was aufs Maul gekriegt haben.

So betrachtet muss man der knuffigen Frau Dittmer eigentlich auch dankbar sein, denn ihre Dügida-Aktionen haben offensichtlich an vielen Stellen eine reinigende Wirkung. So dürfen wir Düsseldorfer eigentlich auch froh sein, dass es diese Montagsmärsche gab, haben sie doch sichtbar gemacht, wie dünn die braune Decke ist. Denn man hat sie gesehen. Man konnte sie zählen und identifizieren. Das Problem ist sichtbar geworden und nicht mehr bloß eine irgendwie nazistische Schimäre. In Kombination mit der ebenfalls absterbenden Pegida-Kacke ist nun beschreibbar, welche Bürger und -innen aus welchen Motiven in welchem Maße rassistisch und antidemokratisch denken und fühlen. Besonders klar ist geworden, dass die viel zitierte „Mitte der Gesellschaft“, die nie mit spaziert ist, sich den kleinen Rassismus für zwischendurch genehmigt – getreu dem Sarrazin’schen Motto „Das wird man wohl noch sagen dürfen.“

Die Mehrheit ist anders verfasst. Wer weiß, ob ohne Dügida so umfangreich über die tätige Hilfe Düsseldorfer Bürger für die Flüchtlinge berichtet worden wäre. Wer weiß, ob überhaupt so viele hilfreiche Menschen hätten rekrutiert werden können. Und schließlich: Die schiere Hartnäckigkeit der Dügidisten hat eine breite Front Düsseldorfer Bürger entstehen lassen, die mit einem „Gegen“ begonnen hat, und nun in Richtung „Für“ umschwenken kann. Dafür muss man den Organisatoren und Aktivisten von NoDügida und vor allem dem Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ) tausendfach danken.

3 Kommentare

  1. jupp flassbeck am

    Ein paar Anmerkungen zu den Polizisten

    Bei der Feier am 4. Mai war bis auf wenige Ausnahmen nur Düsseldorfer Stadtpolizei anwesend.
    Zwei Bundespolizisten und ein, mit Knopf im Ohr wenig ziviler, Zivilpolizist haben die Menge sehr offensiv nach Störern gemustert und auch wohl einige entfernt.

    Ansonsten hatte man es bei den Veranstaltungen mit Einsatzhundertschaften und/oder der NRW-Bundespolizei zu tun.

    Irgendwann, bei einer der ersten Veranstaltungen, als ich an einer der Absperrungen stand, wandte sich eine ältere Frau, die mit alldem Geschahen gar nix zu tun hatte, an einen Polizisten in Kampfanzug – ob sie denn nach Hause könne, das wäre ja nur eine Straße weiter und dann rechts – der offenbar ortsunkundige Polizist wurde aus seiner Karte nicht schlau und wusste keine Entscheidung zu treffen. Ich habe dann der Dame gesagt dass sie sich besser an einen der Düsseldorfer Stadtpolizisten wenden soll. – Ja das hätte sie ja gemacht, der hätte sie aber zu dem Bundespolizisten geschickt …

    Bei der Pegidaveranstaltung, zwischen Dixie-Klo und Landtag, sah ich dann zwei Düsseldorfer Stadtpolizisten, in gelbem Leibchen, mit Riesenknochen von (analogem) Funkgerät, wie die Gartenzwerge vor dem Geschehen stehen, während die Bundespolizei/Einsatzhundertschaften, sich auch räumlich zu diesen auf Distanz befanden. Von den schnuckeligen, modernen Tetra-digitaler-Behördenfunk-Rebelchen ganz zu schweigen.

    Wenn dann die Bundespolizei die Leitung hat, dann steht die Düsseldorfer Stadtpolizei, die einen ganz anderen Rückhalt in der Bevölkerung hat, außen vor.

    Die negative Außenwirkung der Bundespolizisten und Einsatzhundertschaften wird durch zwei Faktoren verstärkt

    – das militärische Auftreten. Bundespolizei und Einsatzhundertschaften haben die Grenze zum militärischen bereits überschritten – militärische Einsatzmittel und Strategien, militärische Organisationsform, militärisches Selbstverständnis und militärischer Korpsgeist. Die Strategien und Einsatzmittel gehen historisch zum Teil zurück auf den Nordirland-Konflikt, in dem man zunächst das Militär, unvorbereitet, Polizeiaufgaben mit militärischen Mitteln hat durchführen lassen. Die heutigen Polizeieinheiten, die auch bei Fussballkrawallen eingesetzt werden, sind der Versuch quasi-militärische Einheiten zu schaffen, auch um diese im Zweifelsfall gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen.

    Natürlich werden die jungen Bundespolizisten von ihren Vorgesetzten und der Politik belogen, denn keiner sagt ihnen dass Die eigentlich schon Soldaten sind, die im Zweifelsfall, in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren, dann auch auf die eigenen Eltern, Geschwister, Kinder werden schießen müssen. Manche von denen sind noch halbe Kinder – Starship-Troopers …

    Dass die Loyalität des Staates, des jeweiligen Bundeslandes, des Dienstherren, nicht größer ist als die Loyalität, die der posthum mit einem Orden bedachte Soldat erfährt, das lässt sich allein schon an dem Geldwert des verfallenen Überstundenüberhangs ablesen, den jeder Polizist geflissentlich verdrängt, anders ausgedrückt – deren Arbeitgeber bescheißt die …

    – die Auswahlmenge, aus der die Polizisten rekrutiert werden, ist nicht sehr groß.

    Wer einen guten Schulabschluß hat wird alles mögliche machen, aber nicht für kleines Geld für den Staat arbeiten.
    Wer etwas schaffen will, wer die Frucht seiner Hände/Stirn Arbeit vor sich sehen will, der wird Schreiner, Zimmermann, Gärtner, Mechatroniker, Designer, Architekt, Ingenieur, Gärtner … aber eben nicht Polizist.
    Wer einem sozialen Impuls folgt, der wird Kranken-, Altenpfleger, Arzt, Geistlicher, Psycho, Lehrer, Geburtshelfer … aber eben nicht Polizist.
    Wer politisch links steht, der wird alles mögliche machen, … aber eben nicht unbedingt Polizist.
    Wer irgend ein Hobby, eine Fertigkeit, eine Neigung hat, der wird die nutzen und daraus vermutlich einen Beruf machen … aber eben nicht Polizist.

    Bei der dann noch zur Verfügung stehenden Auswahlmenge sind bestimmte Fertigkeiten, Neigungen, Charaktereigenschaften und politische Richtungen eben unterrepräsentiert.

    Dieser Sachverhalt scheint manchen der Bundespolizisten bewusst zu sein und sie bemühen sich dagegen zu wirken, 98% der Beamten bemühen sich um Freundlichkeit und sind sich bewusst, dass wir eben nicht die Untertanen, sondern der Souverän sind, diejenigen die mit ihren Steuergeldern eben auch den Lohn bezahlen, den sie bekommen (sollen).

    Das Bild wird aber wesentlich von den 2% Beamten bestimmt, die noch nicht einmal eine einfache, höflich gestellte Frage beantworten können, ohne sich in Rambowski-Drohgebärden und dümmliche Verbalaggressivität zu ergehen. Aus mehreren Quellen wurde auch von unüberlegtem und unberechtigtem Pfeffersprayeinsatz gegen Anwohner berichtet.
    Es drängt sich die Vermutung auf, dass derartige Charaktere, angesichts der Auswahlmenge, häufiger als sonst in der Gesellschaft vertreten sind. Unter dem Ganzen hat letztendlich auch das Ansehen der Düsseldorfer Stadtpolizei zu leiden.

    Kinder! Strengt Euch in der Schule etwas an, dann müsst Ihr nicht unbedingt für schlechtes Geld für den Staat arbeiten müssen!

    ——–

    Muss vor der Back-Factory nicht mal die Straße neu gemacht werden?
    Ansonsten – bis Montag!

  2. Günther A. Classen am

    „Die Polizei MUSSTE Pfefferspray einsetzen.“

    http://www.antenneduesseldorf.de/web/nachrichten/lokalnachrichten/index.php?nachricht=45862

    „Bereits vor Beginn der „Dügida“-Kundgebung versuchten 50 Gegendemonstranten mehrmals Sperrstellen zu durchbrechen. Polizeibeamte MUSSTEN Pfefferspray einsetzen, um dies zu verhindern.“

    http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/duegida-polizist-durch-faustschlag-verletzt-mehrere-festnahmen-1.1900959

    Wieso „MUSSTE“?

    Wenn die Polizei nach wie vor – bundesweit von Stuttgart, Frankfurt, Dresden, Dortmund, Duisburg, Hamburg, Berlin bis Düsseldorf – grundsätzlich in erster Linie auf demonstrierende Demokraten und bevorzugt auf linke Gegen-/DemonstrantInnen eindrischt und anschließend völlig inkompetente Schreiberlinge, im Volksmund: „Schmierfinken“, weitab von jeder kritischen journalistischen Distanz aus Dummheit oder Faulheit ausschließlich die ungeprüften Pressemitteilungen der Polizei wortwörtlich abschreiben, hat sich in den letzten Jahrzehnten offensichtlich nicht sehr viel geändert, im Gegenteil.

    Außer, dass es seit der Verabschiedung der sog. Notstandsgesetze (Die Notstandsgesetze wurden am 30. Mai 1968, in der Zeit der ersten Großen Koalition, vom Deutschen Bundestag verabschiedet.) neben den schleichend paramilitärisch ausgerüsteten und bürgerkriegsähnlich brutal agierenden Einsatztruppen der Polizei auch immer wieder äußerst zivil und demokratisch agierende Polizisten gibt.

    „Verletzte“ werden grundsätzlich auch nur auf Polizeiseite aufgeführt, wobei auch der winzigste blaue Fleck in die Statistik einfließt. Jedoch tauchen selbst nach brutalen polizeilichen Gewaltorgien selbst schwerverletzte DemonstrantInnen häufig genug in den bürgerlichen Medien so gut wie fast nie auf.

    Das alles gibt ziemlich zu denken.

    Die örtlichen Verantwortlichen scheinen in dieser Frage seit Monaten abgetaucht.

    Eine Stellungnahme des neuen Düsseldorfer Polizeipräsidenten Norbert Wesseler zu den Vorfällen des letzten halben Jahres scheint vielen mehr als überfällig.

    Ebenso steht seit dieser Zeit eine Stellungnahme des Landesjustizministers Thomas Kutschaty (SPD), Dienstherr des Präsidenten des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts, Andreas Heusch, zu den Urteilen in dessen Kammer an.
    Nicht nur Mitglieder der Linken fordern seit Langem den Rücktritt des konservativen Heusch.

  3. Karin Diane Jungjohann am

    Lieber Jupp, vielen Dank für den vortrefflich formulierten Kommentar.