Nach dem Ende sagte ein Typ mit breitem Grinsen: „Nicht mal beim Tabellenletzten können die Luschen gewinnen.“ Und erntete belustigtes Kopfnicken bei den Umstehenden. Was war vor der Partie beim Marketingprojekt aus Leipzig nicht alles gedacht und gesprochen worden. Die Fortuna fahre als „krasser Außenseiter“ hin oder würde nur als „Aufbaugegner“ für die seelenlose Truppe Fußballroboter herhalten müssen. Aber, nichts da: Die von Friedhelm Funkel exzellent eingestellte Truppe trat von Beginn an mutig und konzentriert auf und ließ sich von den vielen unsportlichen Provokationen, den Schwalben und Nickeligkeiten des Millionenkaders nicht einschüchtern. Und wäre Schiri Fritz aus Korb nicht eine solche windelweiche Gestalt, wer weiß, ob nicht sogar ein Sieg drin gewesen wäre. Insgesamt geht das Unentschieden aber in Ordnung, denn alle statistischen Werte sprechen für die Unsympathen, die nach der Pfeife des größten Unsympathen des deutschen Fußballs zu tanzen hatten.

Gekrönt wurde der unsympathische Gesamteindruck von den Leipziger Kunden im Stadion, die noch weniger Ahnung vom Fußball haben als die Zuschauer, die dem FC Bayern nahestehen. Wie die forderten auch diese Flachhirne jedes Mal, wenn einer aus ihrer Showtruppe hinfiel, vehement Freistöße und Gelbe Karten. Wie blöde das Volk auf den Rängen ist, zeigte sich daran, dass es meinte, einen der eigenen Spieler über weite Strecken des Spiels auszupfeifen – ausgerechnet denjenigen, der sein erstes Bundesligaspiel bestritt. Trotzdem mag kein Mitleid mit den Angestellten des Brausekonzerns aufkommen, die Schmutzzulage, die sie kassieren, ist einfach zu hoch. Dass der vielleicht unbeliebteste Spieler der Bundesliga eine astreine Schwalbe probierte, setzte dem Fass die Krone auf.

Ein Hauch von Ekel vor dem Projekt

Die aktive Fanszene der Fortuna hatte zum Boykott aufgerufen, sodass kaum 1.000 Düsseldorfer in die schöne Stadt in Sachsen gereist waren. Aufgefüllt wurde der Block zunächst mit F95-Freunden aus der Region, später zogen auch Anhänger des Gastgebers in den Block um. Um eine, ähem, beeindruckende Choreo zu inszenieren, hatte das Projekt wieder einmal in die sogenannten „Fans“ investiert, die ja bösen Gerüchten zufolge so oder so vom Geldgeber subventioniert werden. Es kann einen echten Fußballfan schon anekeln, wenn gedungene Stümmungsmacher sämtliche Schlachtgesänge gestandener Fußballvereine nachahmen und auf die Kennbuchstaben des Projekts umdichten.

Als bekannt wurde, wen das Düsseldorfer Trainerteam an den Start bringen würde, unkten einige Fans, das röche aber nicht nach Mut und sei viel zu defensiv. Den Eindruck konnte man bekommen, denn nominell ordnete Funkel ein 3-5-2 an und ließ mit Alfredo Morales und Matthias Zimmermann die angeblich defensiveren Mittelfeldmänner auflaufen. Wie in dieser Konstellation schon beinahe gewohnt sollten Niko Gießelmann und Jean Zimmer die Rollen der offensiven Außenläufer übernehmen, während vorne Marvin Ducksch und Rouwen Hennings, dieser wie gewohnt in zweiter Reihe agierend, ihre Arbeit verrichten sollten. Der eben erst aus Stuttgart zur Fortuna gekommene Marcin Kaminski durfte sofort in der Dreierkette mit Kaan Ayhan und Andre Hoffmann ran.

Überzeugend, weil mutig und konzentriert

Überzeugend war vor allem, dass a) alle Fortunen jederzeit ihre Defensivaufgaben erfüllten und b), dass das gesamte Team bei der Abwehrarbeit durchgehend hochkonzentriert zu Werke ging. Die vielen Fehlpässe fanden vor allem im Mittelfeld statt, wurden aber durch konsequentes Stören des Gegners und einige Balleroberungen wieder wettgemacht. Um es vorwegzunehmen: Bester Mann im blauen Ausweichdress war Matthias Zimmermann, nicht nur weil er auch als Torschütze gelistet wurde. Da hat die Funkel-Truppe aber einen tollen Fang gemacht, denn schon in der Vorwoche verdiente Zimmermann sich Bestnoten. Auch Morales, der ja im Spiel gegen Augsburg Schwächen zeigte, brachte eine gute Leistung auf den Rasen.

Nicht ganz glücklich agierte der designierte Knipser Ducksch, der einige Chancen vertat und bisweilen weder körperlich, noch geistig wirklich schnell erschien. Überhaupt: Nach 20 Minuten hätte die aktuelle Nummer 1 am Rhein schon mit 1:0 oder gar 2:0 führen können. Auch wenn die offizielle Statistik lediglich 14 Torschüsse für F95 registrierte, waren doch gut zwei Drittel davon mehr oder weniger gute Chancen. Das sah beim Projekt ganz anders aus, die über weite Strecken der ersten Halbzeit fast hilflos wirkten, zwar einige Male auf Michael Rensings Bude zielten, aber dann weit daneben oder drüber schossen. Die zwei stärksten Möglichkeiten der Gastgeber waren dann auch mehr oder weniger Zufallsprodukte. So war das 0:0 zum Halbzeitpfiff aus Düsseldorfer Sicht einen Hauch frustrierend.

Projektkicker immer aggressiver und unfairer

Der Gastgeber wurde nach der Pause nicht besser, nur aggressiver und unfairer. Die Fortuna ließ sich ein bisschen mehr zurückfallen und lauerte auf Umschaltsituationen, von denen es erst nach dem Ausgleichstreffer für das Projekt welche gab. Auch das 1:1 entstand nicht durch eine schöne Kombination, sondern war letztlich das Resultat eines abgefälschten Balles. Für Rensing, der zuvor einen gar nicht so scharfen Schuss nach vorne abprallen ließ, gab’s da nichts zu halten. Aber das Tor beflüüügelte die Kicker des Projekts kaum, zumal die Fortunen nicht nachließen, immer und immer wieder dazwischengingen und dem Gegner keine Räume schenkten.

Mit Benito Raman für Hennings kurz nach dem Gegentor kam noch einmal ordentlich Schwung in das Spiel der Funkel-Buben. Man kennt das ja: Der kleine Raman gibt nie einen Ball verloren, setzt nach, lässt sich auf schier aussichtlose Zweikämpfe ein und erobert ein ums andere Mal die Bälle. Und es war genau dieser Wirbelquirl, der kurz vor dem Ende der regulären Spieldauer den Sieg hätte herbeiführen können als er fast frei vor dem Projekt-Keeper auflief, den aber nicht überwinden konnte. Ja, betrachtet man die letzten 15 Minuten der Partie, lässt sich sagen, dass F95 nicht weiter weg vom Sieg war als der Gastgeber.

Am Ende waren alle, die den wahren Farben Rot und Weiß des Traditionsvereins vom Rhein folgen, ziemlich glücklich mit dem einen Punkt und stolz auf ihr Team. Erneut zeigten die Fortuna-Jungs, dass sie keineswegs nur Kanonenfutter für die etablierten Franchises der Liga sind, sondern absolut mithalten können. Wenn sie eine ähnliche Leistung auch im kommenden Heimspiel gegen die SAP-Werkself produzieren können, sollten der erste Sieg möglich sein.

Ein Kommentar

  1. Herrlich dieser Artikel, besonders die treffenden Sätze gegen die Zuschauer des Brause-Clubs. Ich konnte das Spiel live auf der Dachterasse unseres Urlaubshotel gucken und habe ziemlich laut gebrüllt beim 1:0 unserer Jungs. Das führte zunächst zu verständnislosen Blicken diverser Rentnergangs aber auch anerkennende Blicken von schon ziemlich dichten Engländern.

    Leider auch zu sinnlosen Diskussionen mit diversen deutschen Urlaubern, die einfach nicht kapieren wollten, das dieser Retortenclub der einzige mir bekannte “Verein” in Deutschland ist, der nicht von Mitgliedern geführt wird. Am Ende ist es wie immer, gegen Dummheit gibt es keine Argumente.

    Egal, ich war alleiniger Düsseldorfer dort (von meiner mäßig an Fußball interessierten Ehefrau mal abgesehen) und mächtig stolz auf unsere Fortuna.

    Eine klasse leistung für einen doch schon feststehenden Absteiger :-)).