Porträt · Das war schon beeindruckend, wenn in diesem neuen italienischen Restaurant im Viertel der Padrone mit der meterlangen Pfeffermühle an den Tisch trat und schwarze Bröckchen auf die Spaghetti rieseln ließ. Das kannten wir in den Siebzigerjahren so nicht – es sei denn, wir verkehrten in Gourmetrestaurants. Zwar gehörte der Pfeffer damals schon zu den Allzweckgewürzen, aber dann doch eher in Pulverform und … weiß. Auf jedem Tisch von Gastwirtschaften mit bodenständiger Küche stand die Menage aus Salz- und Pfefferstreuer, und viele, vorwiegend männliche Esser, bestreuselten das Gericht auf dem Teller vor sich in vorauseilendem Gehorsam mit beidem. In Muttis Küche regierte der weiße Pfeffer, der einfach dranmusste, wenn’s bisschen scharf werden sollte. Und dann kam mit Wolfram Siebeck der Prophet der guten Küche, und, schwupps, hielt der schwarze Peffer Einzug in die deutschen Kochstuben. [Lesezeit ca. 6 min]

Und dann waren da noch das Pfeffersteak, das vor gut 50 Jahren noch als Sinnbild der Feinschmeckerei galt. Und sie sogenannte Pfefferrahmsoße aus grünem Pfeffer, gern abgeschmeckt mit gutem Cognac. Heute sind wir – wie bei vielen Küchenthemen – Lichtjahre weiter. Jeder Hobbykoch hat mindestens eine Pfeffermühle am Start und hortet womöglich mehrere Sorten schwarzer Pfefferkörner. Der weiße Pfeffer spielt nur noch eine Nebenrolle, vor allem in Rezepten, die explizit nach dieser Variante schreien, zum Beispiel den Königsberger Klopsen. Im Tiefkühlfach lagert gefrorenen grüner Pfeffer, oder Gläschen mit den würzigen Dingern in Salzlake stehen im Kühlschrank herum. Außerdem haben Gewürze Einzug gehalten, die das Wort „Pfeffer“ im Namen führen, mit dem einzig wahren Piper nigrum aber biologisch nichts zu tun haben: Langpfeffer, Zitronenpfeffer, Szechuan-Pfeffer, Kubeben-Pfeffer und sogenannte „rote Beeren“.

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Konzentrieren wir uns also auf die drei Vertreter der Gattung, die tatsächlich in jedes gut sortierte Gewürzklavier gehören. Denn sowohl der weiße als auch der schwarze und der grüne Pfeffer stammen von derselben Kulturpflanze. Die verlangt nach tropischem Klima und rankt theoretisch bis zehn Meter hoch, wird aber in den Farmen auf etwa drei bis fünf Meter gestutzt. Die Blüten sind eher unscheinbar, sie werden zu Rispen mit kleinen, kugeligen, grünen Früchten. Erntet man die unreif und unterzieht sie einer Schockfrostung oder legt sie in Salzlake ein, hat man es mit grünem Pfeffer zu tun. Im Gegensatz dazu nennt man die vollständig ausgereiften Beeren „roter Pfeffer“; auch den gibt es, er wird aber immer noch in wenigen Rezepten vorgeschlagen.

So viele Pfeffersorten! (Screenshot: bremer-gewuerzhandel.de)

So viele Pfeffersorten! (Screenshot: bremer-gewuerzhandel.de)

Gefriert man den unreifen, grünen Peffer nicht beziehungsweise konserviert man ihn nicht in Flüssigkeit, wird durch Trocknen schwarzer Pfeffer daraus. Und an dieser Stelle entsteht schon ein Qualitätsunterschied, nämlich zwischen durch den Einfluss von Sonne und Luft und den maschinell getrockneten Pfeffer. Natürlich ist die erstgenannte Sorte aufwändiger in der Produktion und deshalb teurer, geschmacklich wird man kaum einen Unterschied zum industriell erzeugten Schwarzpfeffer finden. Weißer Pfeffer ist nichts anderes als der Kern einer Pfefferbeere. Die reifen, rot oder orangefarbigen Beeren werden eingeweicht, das Fruchtfleisch fermentiert und kann mechanisch abgeschält werden, der Kern bleibt übrig. So bleibt quasi die Essenz des Pfeffers übrig – und die schmeckt scharf, fast schneidend; die feinen Aromen von schwarzem Pfeffer fehlen vollständig.

Das führt dazu, dass sich weißer Pfeffer ganz unterschiedlicher Provenienzen nur wenig im Geschmack unterscheidet. Beim schwarzen Pfeffer ist das ganz anders. Ursprünglich kommt der von der Malabar-Küste im Südwesten des indischen Subkontinents und gehört zu den Treibern des Gewürzhandels ab dem 13. Jahrhundert, der wiederum die Entwicklung des transkontinentalen Handels beschleunigte. Weil Pfeffer jeden Transport über jede Strecke unversehrt überstand und zudem gerade in den nördlichen Regionen Europas enorm beliebt war, trug er zum Reichtum der Kaufleute bei, die man deshalb auch als „Pfeffersäcke“ kennt. Mit steigendem Bedarf weiteten sich die Anbaugebiete nach Südostasien aus, sodass die Inseln, die heute zu Indonesien und Malaysia zählen, schon seit Jahrhunderten Pfefferlieferanten sind. Heute kommen Vietnam und Brasilien als wichtige Erzeugerländer dazu.

Exkurs: In den letzten Jahren schwärmen Gourmets vom sogenannten „Madagaskar-Pfeffer“, der auch als „Urwaldpfeffer“ in den Handel kommt. Tatsächlich sind diese Sorten auch sehr lecker, nur mit Piper nigrum haben sie nichts zu tun, sondern eher einzuordnen wie Szechuan- oder Kubeben-Pfeffer. Gleichwohl kann man jedem Hobbykoch empfehlen, auch dieses Gewürz auf Lager zu haben.

Wie beim Wein unterscheiden Kenner zwischen Pfeffer aus verschiedenen Anbaugebieten. Sozusagen der Ur-Pfeffer aus dem Südwesten Indiens wird meist als Malabar-Pfeffer angeboten. Er ist aufgrund der Anbaubedingungen von besonders hoher Qualität, hat ein intensives, warmes Aroma mit einer deutlichen Schärfe. Die Krönung des Angebots von der Malabar-Küste ist der Tellicherry-Pfeffer, der noch einmal runder und angenehmer daherkommt, aber ziemlich teuer ist. Deutlich anders schmeckt indischer Hochlandpfeffer, bekannt als Banasura-Pfeffer; er ist sehr intensiv mit einer deutlich, aber angenehmen Schärfe. Als Standardpfeffer kann man das Gewürz betrachten, das bisweilen explizit als Sarawak-Pfeffer aus der gleichnamigen Region Malaysias stammt. Eine besondere Spezialität ist der Kampot-Pfeffer aus Kambodscha, der aus staatlich kontrolliertem Anbau stammt und nur von zertifizierten Bauern angeboten werden darf; er wird in grün, schwarz und weiß angeboten und besticht durch sein unglaublich rundes Aroma.

Pfeffer ist sein Jahrhunderten beliebt - hier eine botanische Zeichnung von 1832 (public domain via Wikimedia)

Pfeffer ist sein Jahrhunderten beliebt – hier eine botanische Zeichnung von 1832 (public domain via Wikimedia)

Beim Gros dessen, was man im Supermarkt im Gewürzregal an Pfeffersorten bekommt, handelt es sich oft um verschnittene Ware, also Mischungen aus den Grundprodukten verschiedener Herkunftsländer. Besonders der Anbau in Indonesien, Brasilien und Vietnam ist mehr auf Masse als auf Klasse ausgerichtet. Was nicht heißen soll, dass solcher Pfeffer schlecht oder minderwertig wäre. Im Gegenteil: Zum Würzen während des Kochens eignet sich der „Normalpfeffer“ meist besser als die besonderen Sorten. Die sind durchweg so wunderbar aromatisch und auch wertvoll, dass man solche Pfefferkörner eigentlich nur frischgemahlen über den fertigen Teller gibt. Oder aber in selbst gemörserten und gerösteten Mischungen einsetzt.

Im Klartext: Ordentlicher Markenpfeffer in schwarz und weiß gehört in jede Küche; der Verbrauch an schwarzen Körner wird erfahrungsgemäß gut zehn- bis zwanzigmal so hoch sein wie der von weißem Pfeffer. Von den besonderen Sorten sind besonders Kampot- und Tellicherry-Pfeffer zu empfehlen, die jedem Gericht eine eigene Note geben. Wer viel indisch kocht, braucht zwingend Malabar- und Banasura-Sorten, alle anderen Spezialitäten sollte man nur einkaufen, wenn man Rezepte hat, die das zwingend verlangen.

Beim grünen Peffer stellt sich die Frage nach der Haltbarkeit aufgrund der Konfektionierung als TK- oder eingelegter Ware kaum – diese Produkte sind beinahe unendlich haltbar. UNgemahlener schwarzer Pfeffer hält sein Aroma enorm lange, drei, vier, fünf Jahre kann man ihn ohne Qualitätsverlust einsetzen, wenn er richtig gelagert wird. Pfefferkörner scheuen das Licht und gehören in fest verschlossene Gläser oder Dosen. Weißer Pfeffer verändert sich während langer Lagerung merkwürdigerweise zu seinem Nachteil: er wird immer schärfer und beißender und irgendwann auch noch muffig. Vom Kauf gemahlener Pfeffersorten ist dringend abzuraten – pulverisierte Gewürze dieser Sorte verlieren schon nach Wochen ihr Aroma, und dagegen kann man nichts tun.

Ohne Pfeffermühlen geht gar nichts (Foto: Peugeot)

Ohne Pfeffermühlen geht gar nichts (Foto: Peugeot)

Das bedeutet: Man braucht Pfeffermühlen; ja, richtig gelesen, mehrere davon. Denn es ist natürlich zu umständlich, die Körner in einer Mühle auszuwechseln, wenn man eine andere Sorte verwenden möchte. Die gute Nachricht ist, dass gerade die besonders hochwertigen Sorten auch dann bestens verwendet werden können, wenn man sie frisch mörsert. Dazu braucht man allerdings einen dieser superschweren Steinmörser mit Steinstößel. Tatsächlich entlockt man den Körner noch mehr Aroma, wenn man sie nicht fein mahlt, sondern so grob zerstößt, dass der Esser die Textur spürt. Trotzdem: Eine Mühle für weißen Pfeffer, eine Mühle für den Standard-Schwarzpfeffer und eine für den Lieblingspfeffer zur Anwendung über dem fertigen Teller müssen es schon sein. Die Erfahrung lehrt, dass Mühlen mit Mahlwerk aus Stahl prima sind, sich aber irgendwann abnutzen; das passiert beim Keramikmahlwerk nicht. Von diesen superlangen Pfeffermühlen, mit denen uns Gianni und Luigi damals beeindruckten, ist abzuraten – die optimale Mühle hat eine Höhe von 16 bis 18 Zentimeter und fasst so ca. zehn EL Pfefferkörner.

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