Verliebt waren wir poseteff Bekloppten, die da gestern durch die Sintflut ins Wildpinklerstadion reisten, alle irgendwie nicht in diese Fortuna. Aber wenigsten sind wir trocken geblieben. Denn beim Eintreffen der kleinen Düsseldorf Bus-, Kleinbus- und Pkw-Flotte schien sogar ein bisschen die Sonne, und es war über weite Phasen der Partie hinweg erfreulicher, das Wolkenspiel am Himmel über diesem leicht krumpeligen Fußballplatz zu beobachten. Paar Minuten lang flogen händeweise Regentropfen auf den Gästeblock, in dem sich die unermüdlichen Auswärtsfahrer luftig verteilt hatten. Auswärtsfahren ist ja auch und vielleicht vor allem eine Form der Selbstvergewisserung und beantwortet dann klassischen Zweifel von Fußballanhängern: Bin ich wirklich ein guter Fan? Ja, weil ich ja sogar an einem Dienstagnachmittag um halb sechs in einem Stadion mehr als 400 Kilometer far from home rumlungere, während unten die Söldner in Rotweiß ihre Arbeit verrichten.

Selbstvergewisserung zeigt sich aber auch in Ritualen. Natürlich wird an der Raststätte Medenbach eine Pause eingelegt, weil immer alle Fortuna-Auswärtsfahrer Richtung Süden dort Pausen einlegen und es dort schon zu so legendären Heldentaten wie nächtlichen Plünderungen gekommen sein soll. Sagt man. Zum Ritual gehört auch, ständig an auswärts gesehene Partien am selben Ort zu erinnern: Weißt du noch, das 5:0? Oder: Wie der Bolly das Tor gegen den Oehrlisdingsbums gemacht hat? Man macht sich darüber lustig, dass im Wildpark immer noch die alten Klos existieren, auch wenn diese um eine Doppelreihe Dixies ergänzt wurde. Wer meckert, dass nur ein Verpflegungsstand mit vier Mitarbeitern für die Gäste vorhanden ist, wird von den Immer-schon-Allesfahrern sanft zurechtgewiesen, das sei schon so in Ordnung, das sei eben Karlsruhe. Natürlich werden auch dutzendweise Anekdoten und Legenden über andere Auswärtstouren erzählt, und wer öfter zuhört, könnte ein Buch mit dem Titel „Die schönsten Heldensagen der Fortuna-Auswärtsgeschichte“ schreiben. Dass man als Alles- oder Fastallesfahrer der bessere Fan ist, wird dann von den besseren Fans meist durch den Satz vom Arschaufreissen untermauert.

Die wirklich schöne Seite an Auswärtsfahrten, an denen vorwiegend Vielfahrer beteiligt sind, bei denen der Mob also überschaubar bleibt, ist die Tatsache, dass man lauter vertraute Gesichter sieht und endlich auch mal Zeit hat, mit dieser oder jenem ein wenig mehr zu plaudern als es bei dichten Menschenmassen im Gästeblock möglich wäre. Gestern war das gut möglich und auch sehr nett. Leider hatten die KSC-Anhänger sich auch ziemlich verdünnt, sodass es knapp 12.000 Nasen waren, die dem Wolkenzug folgten und gelegentlich einen Blick aufs Spielfeld warfen, wo Schiri Brych viel Spaß an seiner Flöte hatte und eigentlich jede Gelegenheit nutze, hineinzupusten. Nein, das ist kein schlechter Referee, aber gestern hatte er seinen Tag der Beliebigkeit, unter dem leider unsere Jungs mehr leiden mussten als die KSC-Söldner. Die Begegnung selbst litt zum Glück nicht darunter, weil keine seiner falschen bzw. übertriebenen Strafen irgendetwas Zählbares oder nachhaltig Wirkendes nach sich zogen. Im Gegenteil: Die fröhliche Pfeiferei sorgte für ein wenig Abwechslung rund um ein richtig schlechtes Fußballspiel mit haufenweisen Fehlern.

Leider, leider, leider waren gestern die Fortuna-Angestellten in den kurzen Hosen die Fehlermeister. Ja, die schiere Menge an Fehlpässen ließen ungute Erinnerungen an die Rückrunde der vergangenen Saison aufkommen. Genauso wie das Phlegma einiger Akteure, das man buchstäblich riechen konnte – keine Namen an dieser Stelle. Wobei unsere inneres Verteidigungsduo einen mehrfach gebrauchten Tag eingepackt hatten und beide Herren je einmal exakt denselben Fehler produzierten. Der Herr Strohdiek hatte das Pech, das seiner zum Ausgleich durch den Herrn Hoffer, den sie als Erinnerung an einen berüchtigten Mafiaboss „Jimmy“ nennen. In beiden Fällen handelte es sich um zu kurze, ungenaue Rückpässe – eine Krankheit, an der die Mannschaft der letzten Saison ja beinahe chronisch litt. Die Außenkerle, der Axel und der Herr Schauerte, spielten zwar auch nicht fehlerfrei, sorgten aber eher nicht für Torchancen für die offensiv fast hilflosen KSCler. Dafür spielten beide wieder die Rolle der Außenstürmer, die an der Linie lang für den Vortrieb der Offensive sorgten.

Leider hat auch der Herr Demirbay seine Fehlerkrankheit noch nicht überwunden. Und das ist schade, weil er sich mit sinnlosen Ballverlusten immer wieder um den Lohn seiner Bemühungen bringt. Und beim Herrn Ya Konan fand die Dame, die neben Ihrem Ergebenen Platz hielt, eine schlüssige Erklärung für die vielen Lattentreffer und Übers-Tor-Bälle: „Das macht der dicke Hintern; dadurch kriegt der immer Rückenlage.“ Dabei würde man es diesem Wühler vor dem Herrn wünschen, jedes Spiel seine Hütte zu machen, so fleißig der ist. Der Herr Sararer blieb gestern unauffällig, traute sich aber auch nicht so viel Schönspielerei wie sonst. Unser Ihlas Bebou war gestern bis zu seiner Auswechslung irgendwie nie so ganz richtig dabei, weshalb ihm wenig gelang. Bleiben noch die Herrscher des Mittelfelds, die Herren Koch und Schmitz, die sich immer mehr einschwingen, aber beide ebenfalls die Fehlerpest hatten. Die Gelegenheiten für den KSC in der ersten Halbzeit hatten ihren Ausgangspunkt oft an dieser Stelle im System. Und davon gab es reichlich. Und ohne eine grandiose Leistung des Herrn Rensing (der möglicherweise seinem Kollegen Luthe von Bochum nacheifern wollte) wäre die Partie für die glorreiche Fortuna ziemlich sicher verloren gegangen – mindestens drei Hundertprozenter haute er raus, war aber beim Treffer vom Herrn Hoffer chancenlos.

Ob auch der Herr Oehrlisdingens chancenlos gegen den Freistoß vom Herrn Demirbay war, darf man bezweifeln, denn die Pille hing lang genug in der Luft um ihre Flugbahn berechnen zu können. Allerdings kam das Ding so präzise, dass die Berechnungen des KSC-Keepers nicht nur schnell, sondern auch sehr, sehr genau hätten erfolgen müssen. Aber anstatt nun diese eher ungerechte Führung nachhause zu schaukeln, ließ die Konzentration der Rotweiß-Bande nach. Das Ergebnis ist bekannt. Nachzutragen ist noch, dass der Pohjanpalo viele Mal sehr, sehr hoch nach dem Ball sprang – hat man ihm so auch noch nicht gesehen. Dafür möchten nicht wenige Fans der Fortuna den Mijnherr van Duinen gern mal in der Startelf sehen. Gern auch im Doppel mit dem Herrn Ya Konan – vielleicht schon am Freitag gegen den FC Sandkasten?

6 Kommentare

  1. Jürgen Munk am

    Rainer, es ist immer wieder ein Fest Deine Artikel zu lesen, zumal wir gestern, zwei Sitzreihen voneinander getrennt, gemeinsam die Reise nach Karlsruhe angetreten sind. Es ist wirklich lustig, denn durch die Art und Weise wie Du schreibst, kommen einem die Bilder der gestrigen Fahrt wieder vor das geistige Auge????. Bis zur nächsten Auswärtsfahrt, leider werde ich gegen Kaiserslautern wohl fehlen, da gehen diesmal die Vaterpflichten deutlich vor. Bis die Tage Jürgen

  2. ChristianAlbertOtto am

    Jimmy Hoffa war ein amerikanischer Gewerkschaftsführer mit Verbindungen zur italoamerikanischen Mafia. Er ist verschollen und wurde irgendwann für tot erklärt. Umgangssprachlich sagt man (in den USA) auch wenn es unmöglich erscheint etwas zu schaffen: Eher finde ich das Grab von Jimmy Hoffa.

    Also Beispielsweise: Eher findet man das Grab von Jimmy Hoffa als das Mijnherr van Duinen am Freitag in der Startelf steht! 😉

    Ich finde allerdings auch er sollte mal seine Chance in der Startelf bekommen. Dann wird er sich hoffentlich auch besser eingewöhnen.

    Danke, sehr schöner Artikel für mich als Nicht-auswärts-und-alles-Fahrer-aber-treuer-Heimsteher!

    • Dieser tote Gewerkschaftsführer fand Verwendung in dem Film „Bruce Allmächtig“. Dort ließ Gott die verschollen geglaubte Leiche von Jimmy Hoffa finden, um ihm damit einen Schub in seiner journalistischen Karriere zu verschaffen.

      • EDIT Kleiner Formulierungsfehler: Gott ließ den Hauptprotagonisten die Leiche finden.