Ein besonders großes, vielfältiges Gebiet, in dem die Tölen nach Herzenslust rumrennen können, stellen die Neusser Rheinwiesen dar. Die beginnen – natürlich auf der linken Rheinseite – am Ende von Grimmlinghausen, genauer: nördlich der Erftmündung und des Yachthafens. Von hier aus bis zur Nordspitze der Ölgangsinsel an der Mündung des Erftkanals in den Rhein sind es, gemessen als Luftlinie, fast viereinhalb Kilometer, immer am Strom entlang. Immer begleitet vom Deich, unter dem die Rheinallee verläuft, die später in einen Fahrweg übergeht. Mit „Rheinwiese“ ist im Wesentlichen das Stück zwischen Südbrücke und Hammer Eisenbahnbrücke gemeint – hier wächst nämlich vorwiegend Gras, das je nach Jahreszeit unterschiedliche Spielmöglichkeiten bietet. Jenseits der Südbrücke liegt ein dreieckiges Stück Wiese, an dem besonders der Weg ganz unten am Wasser schon ist – und zurück geht man dann die Allee auf dem Deich entlang.

Dabei sollte Waldi allerdings besser angeleint sein, wenn er nicht absolut folgsam ist. Denn die Straße unterm Deich wird befahren und jenseits davon liegt der Rheinpark Neuss mit seinen Verlockungen. Gerade Fiffis, die auch den Rheinpark kennen, machen gern mal einen Abstecher dorthin. Ausgangspunkt für einen Gang über die eigentliche Wiese ist, bei Anfahrt mit dem Auto, entweder die Parkfläche unterhalb der Südbrücke oder ein Parkplatz an der Rheinallee zwischen Swissotel und Kurve. Wer mit dem ÖPNV anreist, kann das auf zweierlei Weise tun: Mit der 709 bis Haltestelle „Rheinpark-Center Süd“ oder mit der S-Bahn bis „Rheinpark-Center S“. In beiden Fällen hat man dann etwa fünf Minuten eher unangenehmen Fußweg bis zur Wiese vor sich. Das besonders Schöne an dieser riesigen Wiese ist, dass sich in ihrer Vegetation immer die Jahreszeiten widerspiegeln. Jetzt im Frühsommer stehen die Gräser teils mannshoch, und nur sehr schmale Wege führen hindurch. Irgendwann kommt der Trekker und mäht. Dann wird das Heu geerntet. Im Frühjahr und im Herbst treibt der Schäfer seine Herde in dieses Gebiet. Wie immer bei den Stadtschäfern ist jeder Hundehalter aufgefordert, seinen Köter angesichts der Mähschafe im Zaum zu halten – gelingt das nicht, bekommt Hasso es mit den Schäferhunden zu tun – und das kann bös enden.

Die kleinstmögliche Runde beginnt unter der Südbrücke. Über die Treppe links von der Parkfläche geht’s den Deich hinab. Dort beginnt ein Pfad, der bis ans Wasser führt. Am Rhein finden sich zwei paralelle Wege; einer ganz unten – im Sommer wird der Gang zum Slalomlauf zwischen verlassenen Grillplätzen. Für Hunde, die wahllos alles fressen, was sie finden, kann das gefährlich werden. Ein paar Meter oberhalb gibt es dann einen breiten Weg, der durch die Trekker und sonstigen Fahrzeuge entstanden ist. Der führt nicht nur bis zur Eisenbahnbrücke, sondern drunter durch. Man kommt in ein Gebiet, das schon sehr wild ist, aber noch nicht zur berühmten Ölgangsinsel zählt. Ein Pfad führt parallel zur Brücke vom Deich hierher, ein Weg windet sich durchs Staudendickicht, und unten am Fluss finden sich kleine Buchten, die bei Niedrigwasser echte Sandstrände haben. Am Wasser begegnet man fast immer Anglern, oft osteuropäischer Herkunft, die hier auch campen. Die sind durchweg nett und hundefreundlich – solange die Töle sich nicht an ihrer Beute vergreift oder das Angelgerät unmwirft.

Unter der Eisenbahnbrücke oder im Wäldchen wohnen ganzjährig Menschen ohne festen Wohnsitz in Zelten. Die haben auch Hunde, die zwar fast jeden Passanten verbellen, aber alles in allem harmlos sind. Die Bewohner selbst sind durchweg freundlich, halten sich aber meist lieber im Hintergrund. An einem Pfahl am Weg ist eine Sparbüchse angebracht (Stand: Frühjahr/Sommer 2015), in die man gern eine kleine Spende einwerfen kann. Und dann gelangt man an den Eingang zur Ölgangsinsel. Das war einmal ein extrem dicht bewachsenes Stück Urwald, aber Sturm Ela hat diesen Dschungel dermaßen zerfetzt, dass geschätzt nur noch ein Zehntel der Bäume dort stehen. Über ein Jahr lang haben Holzarbeiter immer und wieder beschädigte Bäume gefällt und zerlegt. Am schnurgeraden Weg vom Ufer zum Deich stapelten sich über Monate die Klafter.

Ob man die Ölgangsinsel überhaupt betreten durfte und darf, war nie wirklich klar. Zumal die Hinweisschilder am Beginn des einzigen Weges hinein im Halbjahresrhythmus wechselten. Sagen wir so: Es scheint geduldet zu sein, den Weg zu nutzen und bis zur Spitze an der Hafeneinfahrt zu gehen. Immerhin trifft man eigentlich immer Leute, die das wagen. Allerdings: Durch den Einsatz von schwerstem Gerät bei den Holzarbeiten sind die ersten hundert Meter des Weges total zerfurcht, sodass man ihn bei Schlamm durch Regen selbst mit Gummistiefeln kaum noch betreten kann. Ansonsten sah man von hier aus früher in ein verwunschenes Waldstück und heute in einen lichten Forst, in dem fast kein erwachsener Baum mehr steht.

Unter der Woche vormittags ist man bei nicht ganz so tollem Wetter oft ganz allein mit dem Hund auf den Rheinwiesen. Nur an Wochenenden mit strahlendem Sonnenschein gibt es schon einmal mehr Begegnungen mit anderen Hundehaltern. Das Publikum hier ist vorwiegend nett und zum großen Teil hundekundig, sodass Begegnungen zwischen den Fellträgern einvernehmlich geregelt werden können. Das war nicht immer so, denn vor einiger Zeit häuften sich die Berichte von Beißereien in dieser Gegend. Unsere Pina wurde selbst zweimal Opfer von Angriffen durch Hunde, deren Halter diese nicht unter Kontrolle hatten. Diese wilden Zeiten scheinen vorbei zu sein – zwar wurde unser Clooney kürzlich auch von einem anderen Hund verletzt, aber dabei handelte es sich eher um einen Unfall. Die Gefahren lauern eher unten am Rhein, wo im Sommer Dutzende Grillpartys laufen. Leider sind die Feiernden hier nicht immer wirklich rücksichtsvoll. Und wenn der Köter sich die Pfoten an der Glut einer nicht gelöschten Feuerstelle verbrennt, ist das nicht lustig. Auch die diversen Fressreste sind eher unangenehm für Herrn und Hund. Außerdem: Genau an diesem Ufer wurden über Jahre sehr oft Aalkadaver gefunden. Achtung! Das Aalgift kann für Hunde tödlich sein! Oft wird Giftköderhysterie erzeugt, wo die Pelznase doch in seiner Gier vom Aal genascht hat und am Gift krepiert ist.

3 Kommentare

  1. jupp flassbeck am

    Ölgangsinsel – da kann es einem durchaus passieren dass der Wauwi etwas gelb-rötlich schimmerndes ausbudelt. Das ist dann nicht etwa „Rheinbernstein“, das ist dann Phosphor der noch aus dem 2. Weltkrieg stammt. Auch sonst soll man sich von dem „Idyll“ nicht täuschen lassen – es ist genaugenommen eine hochgradig mit Schwermetallen und anderen Umweltgiften verseuchte Industriebrache.

    Der seit langem geplante Brückenschlag über den Erftkanal soll erst nach einer aufwändigen und recht kostspieligen Komplettsanierung des Areals erfolgen.

    Ganz am Ende der Ölgangsinsel ist ein kleiner Sandstrand – da kann man mit viel Ausdauer und Eifer auch kleine Flitter Rheingold schürfen, sollte aber immer aufpassen dass man eben nicht doch Phosphor findet.

    • Rainer Bartel am

      Danke für den Hinweis. Mir war das bekannt. Mein Wissensstand ist aber, dass die Belastung vor allem, wenn nicht ausschließlich da vorliegt, wo das Dickicht war. Das Ufer ist nach Auskunft des zuständigen Amtes in Köln (Stand 2008) unbelastet. Soll sagen: Da wo man mit dem Wautzi geht, ist es sauber.

      • jupp flassbeck am

        Das Phosphor haben wir da überall gefunden, sowohl im Dickicht als auch am „Strand“ und auch im Wasser.

        Die weiter südlich gelegenen Rheinwiesen ab der Höhe des Rheinparkhotels sollen ohne Belastung sein.

        Wer mit der Geschichte nicht vertraut ist und dann an der Ölgangsinsel liest „Landschaftsschutzgebiet“, der lässt sich womöglich von der idyllischen Wildheit täuschen.

        Den Brückenschlag über den Erftkanal sehne ich als Radfahrer natürlich herbei