Schon mal gehört, den Begriff „Solidarität„? Laut Wikipedia bezeichnet er „vor allem als Grundprinzip des menschlichen Zusammenlebens ein Gefühl von Individuen und Gruppen, zusammenzugehören. Dies äußert sich in gegenseitiger Hilfe und dem Eintreten füreinander.“ Nun wird nicht jeder mit jedem und Allem solidarisch sein, sondern nur mit dem, was ihm naheliegt. Uns Freunden des TSV Fortuna Düsseldorf 1895 liegt dieser Verein am Herzen – F95 ist es, was unser Zusammengehörigkeitsgefühl ausmacht. Und weil Spieler kommen und gehen, Fans aber – oft ein ganzes Leben lang – bleiben, bilden wir Fortuna-Lover das Fundament für diesen Verein. Das gilt ja in besonderem Maße für die Anhänger von F95, denn sie waren es, die diese wunderschöne Diva in den dunklen Jahren am Leben gehalten haben – keine Präsidenten, Manager, Trainer oder Spieler. Umso größer müsste eigentlich die Solidarität innerhalb der großen, bunten Fortuna-Gemeinde sein. In Wahrheit herrscht an vielen Stellen Verachtung, Abneigung und sogar Hass untereinander. Das ist unerträglich.

Was ist Solidarität ganz praktisch? Ein Beispiel: Da gibt es einen Schriftstellerkollegen, nennen wir ihn Kurt, dessen Erzeugnisse ich persönlich absolut kacke finde. Ja, wirklich unlesbar. Aber, wir sind Freunde aus alten Zeiten. Eine gemeinsame Vergangenheit verbindet uns und die Liebe zur Literatur. Weil wir so zusammengehören, bin ich Kurt gegenüber jederzeit solidarisch. Das bedeutet: Auch wenn ich seine Texte schrecklich finde, würde ich jederzeit alles dafür tun, dass er weiter schreiben und veröffentlichen kann. Ja, ich empfehle seine Geschichten sogar – sage aber immer dazu, dass ich selbst nicht so darauf stehe.

Nun gibt es innerhalb der Fortuna-Fan-Gemeinde die unterschiedlichsten Menschen mit den unterschiedlichsten Biografien, Meinungen und sehr unterschiedlichem Verständnis von sozialem Verhalten. Darunter sind Leute, deren Verhalten ich kaum aushalten kann, sowie Gruppen, deren Positionen mir ausdrücklich gegen den Strich gehen. Aber weil sie Teil meiner F95-Solidargemeinschaft sind, toleriere ich sie, nicht ohne gewisses Benehmen, bestimmte Sprüche und Handlungen scharf zu kritisieren und dies auch öffentlich zu äußern. Das bedeutet für mich Fan-Solidarität. Wenn Kräfte, die nicht Teil dieser Gemeinschaft sind, einzelne Individuen und ganze Gruppen auf diese oder jene Weise angreifen, bin ich grundsätzlich solidarisch mit den Angegriffenen.

Nehmen wir die Vorfälle beim Auswärtsspiel in Augsburg. Da kam es vor dem Spiel zu einer kleineren Klopperei (wie sie bei Burschen jenen Alters anderswo und unter anderen Bedingungen keinen Hahn krähen lassen), und das befand es die bayerische Polizei für richtig, weder nach den Ursachen der Schlägerei zu forschen, noch zu differenzieren, wer genau eigentlich beteiligt war. Stattdessen wurde ein Betretungsverbot für die gesamt Gruppe – die, überhaupt nur durch die gleichzeitige Anwesenheit an einem Ort als Gruppe zu betrachten war – ausgesprochen. Die Düsseldorfer Ultras wurden postwendend in den Zug gesetzt und nach Hause geschickt. Mal abgesehen davon, dass es sich hier um Polizeiwillkür als Testlauf für die Verschärfung des Ordnungsrecht handelte und ich deswegen schon allein aus politischen Gründen empört war, war meine volle Solidarität bei unseren Ultras. Uneingeschränkt, unbedingt.

Unser Kapo weiß, was ich meine, wenn ich sage, dass mir gewisse von UD angestimmte Gesänge tierisch auf den Sack gehen. Und natürlich schimpfe ich in der Kurve manchmal lauthals und rege mich besonders über den Vorsänger auf. Aber trotzdem käme ich nie auf die Idee, diese Ultras zu beleidigen und zu verunglimpfen, denn sie sind Teil meiner Solidargemeinschaft, und deshalb bin ich mit ihnen solidarisch und würde jederzeit alles dafür tun, dass sie tun können, was sie im Sinne des Supports tun wollen. Alle Ultra-Gruppierungen der Fortuna sind gleich wichtig, alle sollten die uneingeschränkte Solidarität aller F95-Fans genießen, jederzeit. Geradezu heuchlerisch wird es, wenn man UD & Konsorten für die wunderbaren Großchoreos feiert, und sie paar Tage später für Pyroaktionen schmäht.

Solidarität heißt auch, dass man Auseinandersetzungen innerhalb der Gemeinschaft und friedlich regelt. Wer als Fortuna-Fan einem anderen Fortuna-Fan aufs Maul haut, weil der eine andere Meinung vertritt, verhält sich unsolidarisch und gehört eigentlich nicht mehr dazu. In einer Solidargemeinschaft werden außerdem keine Schuldfragen gestellt. Bei Problemen geht es nicht darum zu ermitteln, wer angefangen hat, sondern wie man wieder zusammenkommen kann. Hat ja in der Kurve schon einmal ganz gut geklappt. Der Ausgangspunkt damals war der Versuch, einer gewissen Gruppe, die Meinungshoheit in der Kurve an sich zu reißen; wer solche Machtspielchen in der Fan-Gemeinde anzettelt, verhält sich unsolidarisch und gehört eigentlich nicht mehr dazu. So einfach ist das mit der Solidarität.

9 Kommentare

  1. Alles richtig wie es oben beschrieben wird, aber „Fans“ unserer Fortuna, die noch nicht einmal bei der Schweigeminute oder beim Steigerlied auf Schalke zu Ehren eines am gleichen Tag Verstorbenen die Klappe halten, sind ganz einfach nur zum Fremdschämen.

    • Warst Du überhaupt vor Ort? Während der Shweigeminute war es im Fortuna-Block ruhig. Die wenigen Zwischenrufe kamen aus dem Schalke Block daneben.

  2. „Immerhin: Während der offiziellen Schweigeminute vor Anpfiff erwiesen die Düsseldorfer Fans dem Verstorbenen die gebührende Ehre und nahmen still an der Schweigeminute teil“ (der Westen).
    Ich sehe Ultras eher im linken Spektrum und da fällt Solidarität noch leicht. Bei Faschisten gibt es natürlich keine Solidarität und Entschuldigungen. Ich denke da auch an Organisationen wie die Borussenfront in Dortmund.

  3. Ich stimme zu und es wäre schön, würde es so funktionieren. Da gehören aber immer zwei (Personen, Gruppen etc.) und deshalb klappt es leider nicht so oft, wie es sein sollte. Ich erinnere mal an die Person, welche in der Saison 2012/13 im Heimspiel gegen Bayern auf der Süd zum Krüppel getreten wurde (meines Wissens nach ist dieser Besucher nicht mehr alleine in der Lage zu leben). Ob der noch an Solidarität denkt?
    Die Typen sind zwar vor Gericht gekommen, was aber die Sanktionen betrifft, weiss ich nicht Bescheid. Ich hoffe, der Gesetzgeber zeigte sich solidarisch und hat den Schlägern lebenslang Stadionverbot erteilt.

    Ich mag auch nicht alle Gesänge von der Südtribüne, vor allem nicht die beleidigenden wie „… wir hassen Köln und RWE…“. Ich singe dann einfach nicht mit, weil ich meine, Hass hat im Sport (oder sonst wo) nichts zu suchen. Ich gehe davon aus, dass ähnlicher Scheiß auch bei den ungeliebten „Gegnern“ zu hören ist. So schaukelt sich das alles gegenseitig hoch und wird wohl niemals aufhören. Wobei, sollten nicht alle Fans von allen Vereinen sich solidarisch zeigen, gegen die aktuelle Situation beim Fußball (okay, wird man bei den Dosen wohl auf taube Ohren stoßen). Gelegentlich klappt das ja, aber wäre doch schön, wenn man ohne Haß, Prügelei und dergleichen ins Stadion gehen könnte. Einfach mal solidarisch mit allen, die wegen dem Fußball in ein Stadion gehen.

    Übrigens halte ich persönlich es nicht für heuchlerisch, wenn ich die Unterstützung der Ultras im großen und ganzen gut finde, aber Pyro bescheuert finde. Ich Gladbach habe ich es hautnah im Block nebenan erlebt. Es begannen sich einige zu vermummen (oder kamen so schon in den Block) und dann war klar, dass es gleich wieder brennen würde. Es qualmte, es leuchtete und alles auf dem Spielfeld konnte ich nicht mehr sehen für ein paar Minuten. Im Endeffekt wird es für Fortuna für jede Pyro teuer, sollten die Fans sich dann nicht solidarisch mit Fortuna zeigen und das Glühen unterlassen? Auch weil es verboten ist und auch wenn es ohne vernünftigen Austausch mit den Fans (über z.B. kontrollierte Pyro in extra Bereichen o.ä.) verboten wurde?

    Meist endet die Solidarität doch an der Grenze zu den eigenen, persönlichen Wünschen und Zielen, egal ob ich mit meiner persönlichen Freiheit die Grenzen anderer überschreite.

    • Ich kann Uwe nur voll und ganz beipflichten. Man sollte schließlich Solidarität nicht mit Corpsgeist verwechseln. Da mich Pyros schon aufgrund ihres Qualms erheblich ärgern und am Sportgenuss hindern, bin ich nicht bereit zu aktzeptieren, dass ich diese zu akzeptieren habe, weil ich mit den Leuten solidarisch sein soll, die auch für die wunderschönen Choreos verantwortlich sind. Andere Sache: Mit Faschisten würde ich mich nie solidarisieren. Da mögen sie sich noch so sehr als Anhänger der Fortuna bezeichnen und behaupten, Politik hätte in einem Stadion nichts zu suchen.

      • Kurze Richtigstellung bzgl des Opfers von der Süd :

        Er kann sehr wohl noch alleine leben, autofahren, essen, trinken usw. Wenn auch mit Einschränkungen wie zB Kopfschmerzen. Er ist an Spieltagen auch als Fanbeauftragter unterwegs.

  4. RubensTuna1638 am

    Absolut richtig, denn „es ist die Liebe [zu unserer Tuna], die uns vereint“.
    Nur wenn wir zusammen stehen… „[…] für die Jungs und Mädels, alle die ins Stadion gehen, Väter, Mütter, Opas, Enkel, alle die im Stadion stehen. Südtribühne, Unterrang, Fans und Ultras, […]“. FOR! 1 2 3 4 TU! 1 2 3 4 NA! 1 2 3 4 5 6 7 8…
    Die ihrer Meinung nach die einzig-ächten:) Fans sind meistens die etwas temperamentvollen Jungens im Alter unserer Helden auf dem Rasen, die auch, seien wir ehrlich, unter den treuen Tuna Anhängern mit den Letzten am meisten so ziemlich viel gemeinsam haben…
    In diesem Lebensabschnitt:) ist schon ’n mancher ein ziemlich kompromissloser Maximalist und macht vielleicht einen oder anderen Fehler. Kaum jemand war mit 20 mal anders, oder? Solange diese Fehler erkannt, offen aufgearbeitet werden und sich nicht wiederholen… oder keine Auswüchse entstehen, wobei kaum unsere liebe Tuna im Vordergrund mehr ist… bzw. die „gute alte“ Principal Agency Theorie nicht plötzlich im Spiel wäre…
    Keiner möchte die bewegenden Choreos vermissen, die Geschmacklosigkeit von einigen Spruchbänden dagegen schon, oder? Aber dazu gehört leider die Wahrheit, dass diese uns woanders ja auch täglich begleitet und sehr wohl toleriert wird…

  5. Bernwart Lockwart am

    „Uneingeschränkte Solidarität“ … Nein. das gibt es nur im Korps, aber nicht in Gemeinschaften wie der Gemeinschaft der Fortuna-Fans.
    „Uneingeschränkte Solidarität“ ist eine Extreme und Extreme sind niemals gut.
    Etwas „uneingeschränkt“ zu tun verhindert das differenzierte Betrachten. Genau das ist aber notwendig, immer, jederzeit.
    Damit kann man dann nämlich sehr wohl die Ultras für die Choreos feiern und für die Pyros verurteilen.

    Und auch wenn dieser „Artikel“ oder „Kommentar“ schwach ist und das hier übliche Niveau deutlich unterbietet, so bin ich trotzdem in der Lage und willens die „Artikel“ und „Kommentare“ des Autors weiter zu empfehlen.