Deutschlandweit erklären diverse Fans-Szenen angesichts der DFL-Vorschläge für Zuschauer bei Bundesligaspielen: Alle oder keiner. Das bedeutet sicher nicht, dass Ultras und aktive Fans dafür sprechen, die Stadien unter Corona-Bedingungen wieder unbeschränkt für Zuschauer zu öffnen, sondern dass es volle Blöcke erst wieder geben kann, wenn es keine Beschränkungen mehr gibt – also erst dann, wenn der Besuch wie vor der Pandemie wieder möglich ist; wann immer das sein mag. Menschen, die den Fußball der oberen Ligen vor allem als Freizeitvergnügen begreifen, werden das nur schwer verstehen. Am wenigsten aber verstehen es diverse Schreiberlinge, die mit Überschriften wie „Fans sind heiß auf die Bundesliga.“ aufmachen.

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Die Erklärung ist eigentlich einfach. Wer als Fan eines Vereins ins Stadion geht, tut das vor allem, um a) den Club des Herzens anzufeuern und b) dies im Kreise der gleichgesinnten Freunde zu tun. Einfach mit dem Hintern in einer Sitzschale zu hocken und die Kicker über den Platz flitzen zu sehen, ist die Sache aktiver und engagierter Fans eben nicht. Wie aber soll man die Jungs ernsthaft supporten, wenn das Ausbringen von Schlachtrufen und Absingen nicht möglich ist? Und wie soll man das Gemeinschaftsgefühl im Block herstellen und leben, wenn es nicht möglich ist, Schulter an Schulter mit dem/der Blocknachbar*in in der Kurve zu stehen?

Nein, es geht nicht wieder einmal um wahre Fans vs Eventies. Wer meint, er habe Spaß daran, mit anderthalb Metern Abstand zum*zur Nächsten auf der Tribüne zu sitzen, um sich ein Spiel anzuschauen, hat jedes Recht dazu – keine Frage. Genau wie natürlich diejenigen, die sich die Partien im TV ansehen, jedes Recht dazu haben, Fußball auf diese Weise zu konsumieren. Und die beschriebenen Hardcore-Fans, die Im-Block-Steher und, nicht zu vergessen, die Auswärtsfahrer müssen sich überlegen, was mit dem Beginn der Saison zu tun ist. Zumal ja auch der beliebte Rudelguck in der Kneipe in den Zeiten der Pandemie nur sehr eingeschränkt möglich ist. Das haben die Geisterspiele zum Ende der vergangenen Spielzeit bewiesen.

Insofern betreffen die DFL-Richtlinien für den eingeschränkten Besuch von Bundesligabegegnungen die aktivsten Teile der Fanszene einfach nicht. Im Gegenteil: Die miteinander vernetzten Fanszenen der Republik fürchten, dass etliche der Maßnahmen quasi als Übung für spätere Zeiten eingeführt werden sollen. Zum Beispiel das grundsätzlich personalisierte Ticket. Das dient unter Corona-Bedingungen dazu, Infektionsketten nachvollziehen zu können, könnte aber in seuchenfreien Zeiten auch dazu genutzt werden, sogenannte „Störer“ jederzeit identifizieren zu können. Auch die entzerrten Anfahrten könnten als Mittel gegen die Fankultur eingesetzt werden, zum Beispiel um Anfahrten zu Auswärtsspielen ganz grundsätzlich zu erschweren.

Die schlimmste aller möglichen Befürchtungen aber ist, dass es einfach rund um den Fußball nie wieder so sein wird wie früher (also bis etwa Februar 2020). Das nicht nur, weil manche Experten vorhersagen, dass wir völlig seuchenfreie Zeiten vielleicht nie wieder erleben werden, sondern weil die Vorgänge des Jahres 2020 ganz grundsätzlich das Ende des Fußballs, wie wir ihn kennen und lieben, darstellen könnten. Was hat man sich bei der DFL gefreut, dass die Sache mit den Geisterspielen so gut funktioniert hat. Wieviel mehr aber haben sie bei den Bezahlsendern die Sektkorken knallen lassen, weil die Konsumenten auf breiter Front dafür bezahlt haben, Partien vor leeren Rängen im Fernsehen zu genießen. Geht doch, haben die Propheten der totalen Kommerzialisierung gesagt. Und wenn einmal irgendwo und irgendwie richtig fett Kohle gemacht wurde, gibt es kein Zurück mehr.

Fragt man allein im Kreise der Fortuna-Fans verschiedener Geschmacksrichtung nach, findet man einen nicht kleinen Anteil, für den es das jetzt gewesen ist. Wie einer sagte: Das ist dann nicht mehr mein Fußball, da weiß ich mit meiner Zeit was Besseres anzufangen. Oder eine andere Stimme: Da geh ich doch lieber sonntags zum Rather SV oder zu TuRU auf den Fußballplatz. Die Begeisterung der Nicht-Fans aber, die ist flüchtig. Kann sein, dass viele, die sich die Bundesliga, die Champions oder die Europa-Liga gern reinziehen, irgendwann davon gelangweilt sind, dass die immergleichen „Superstars“ der Seriensieger immer wieder dasselbe tun. Ob diese Klientel auch noch in ein, zwei Jahren bereits ist, dafür relativ viel Geld zu bezahlen, ist zumindest fraglich.

Die kommende Saison, ob in der ersten, zweiten oder dritten Liga, wird der Prüfstein sein. Werden die Stehplatz-Fan Wege finden, weiter das Gemeinschaftserlebnis zu zelebrieren? Werden viele aktive Fans wirklich aufs Bezahl-TV umsteigen? Und werden die Fußballkonsumenten weiter teure Abos abschließen? Niemand kann das vorhersagen. Niemand kann Prognosen über die Zukunft der Fußballkultur abgeben. Sicher ist nur, dass sich Fortuna-Fans, die untereinander schon länger befreundet sind, Freunde bleiben und sich weiter treffen werden – ob nun zu TV-Übertragungen oder einfach so. Das ist die einzige gute Nachricht im Moment.

4 Kommentare

  1. Ich kann das für mich bereits beantworten. Seit dem „tollen Restart“ während Corona und den damit verbundenen Wettbewerbsverzerrungen ist der Fußball für mich zu 90% tot. Corona hat den korrupten Scheiß endgültig entlarft. Zuletzt noch mit Manchester, die 2 von 3 Richtern für ihr Verfahren vorschlagen durften. Diese beiden Richter haben auch für Manchester gestimmte, alles gut äh korrupt also.

    Die letzten 10% sind die Heimspiele der Fortuna, das war‘s. Sky läuft noch ein paar Monate, ist aber gekündigt und die Telefonnummer gesperrt (die rufen mir zu häufig an). Ich kann noch nicht einmal sagen, ob ich die Auswärtsspiele von F95 während der letzten Sky Monate anschaue. Vielleicht bei Regen und Langeweile.

    Ich hätte nie für möglich gehalten, dass es bei mir persönlich mal soweit kommen könnte.
    Aber ich bin tatsächlich fertig mit dem Profifußball. Null Interesse und ich vermisse nichts.

    • Hallo Uwe, Du sprichst mir aus der Seele, das was jetzt abgeht macht mich sehr nachdenklich. Ich werde wohl vorläufig nicht mehr in diese Mehrzweckarena gehen, erst mal abwarten wie die Geschichte anläuft. Wenn alle Stricke reißen gehe ich, falls möglich nur noch zur Zweiten. Aber nur wenn ich unten weiter am Zaun stehen darf. Geht das nicht ist das auch gestorben. Ich hätte nie nach gut 45 Jahren, mit größeren privat und beruflich bedingten Unterbrechungen, gedacht das es für mich mal soweit kommt.
      Gruß Thomas

  2. Das momentan Erlebte ist eine Zäsur. Die Zuschauerzahlen werden auch bei Fortuna zurückgehen. Keiner hat mehr Bock darauf.

    Am Rande: Gendersternchen? Jetzt im Ernst? Och nö, bitte…

    • Rainer Bartel am

      Ja, Gendersternchen, vielleicht auch Genderdoppelpunkt – wir experimentieren, weil wir finden, das sogenannte „Gendern“ schärft unsere Wahrnehmung als Autor*innen auf die Geschlechterungerechtigkeit. Wir machen das nicht, weil wir glauben, unsere Karma durch politische Korrektheit aufbessern zu können ;–))