Selbst Otto Normalfan schwafelt ja gern mal davon, dass „das Geschäft“ eben so ist, wenn er über den Fußball redet. Natürlich ist der moderne Fußball inzwischen vor allem ein Geschäft – Soccer Entertainment Business, wie es bisweilen heißt. Aber neben der ganzen Maschinerie aus Ablösesummen, TV-Geldern und Merchandising-Einnahmen lebt ganz fröhlich die gute, alte Fußballkultur. Und die gehört den Romantikern. Das sind die Anhänger des getretenen Rundballs, die noch an das Menschliche im Fußball glauben, die manchmal sehr nostalgisch, ja, sentimental werden und immer auf der Suche nach diesen besonderen Geschichten und Anekdoten in diesem knallharten Profisport sind. Auch die Medienmacher sind ständig auf der Suche nach solchen Histörchen, in denen es menschelt – zum Beispiel die von Axel und Lumpi.

Während der Fan aber wirkliche Gefühle entwickelt, geht es den Schreib- und Sprechfinken in den Gazetten und im Fernsehen vor allem darum, Emotionen zu schüren und die Leser und Zuschauer damit gefügig für das eigentliche Geschäft zu machen, also die Werbung. Gerade jetzt im Umfeld der WM im lupenreinen Demokratenreich sollen sich die Jungs ja wieder fiebernd und jubelnd auf den Sofas versammeln, das DFB-Trikot am Leib, die Pulle in der Hand und eine Auswahl Chips aus gepresstem Kartoffelmehl vor sich auf dem Couchtisch. Hersteller von allerlei Konsumzeugs buhlen um die Konsumenten, indem sie ihnen gedungene Werbefiguren vorsetzen, die ihnen vorgaukeln sollen, ja, genau so sei der Fußball. Wer, wenn nicht wir ewigen Fans der glorreichen Fortuna, wissen es besser. Nämlich, dass Fußball auffem Platz ist und die Anhänger in der Kurve.

2008: Fast ein Maimärchen

Schließlich haben wir einen Axel und einen Lumpi. Und einen Fränkie, einen Langeneke, Christian Weber, Sascha Rösler sowie eine ganze Latte an Kickern, die der Fortuna auf die eine oder andere Weise treu geblieben sind. Natürlich haben wir Fortunen derlei Treue nicht exklusiv; viele andere Vereine können auch mit Stolz und Freude und bisweilen ein bisschen Pippi in den Augen auf solche Helden blicken. Aber diese eine Szene, die haben vermutlich nur wir so erlebt. Es ist der 31. Mai 2008, letzter Spieltag der damaligen Regionalliga Nord. F95 muss in Erfurt gewinnen, während RWO bei Union Berlin verlieren muss, will die Fortuna als Zweiter in die zweite Bundesliga aufsteigen. In Sachen Tordifferenz ist kaum was zu machen: RW Ahlen hat 14 Tore Vorsprung, RWO 13.

Es ist ein heißer Tag, an dem sich Tausende Düsseldorfer auf den Weg in die thüringische Landeshauptstadt gemacht – die ganz Bekloppten im Charterflugzeug, viele mit dem Zug und etliche Hartgesottene mit Fan-Bussen oder Privat-Pkws. Also wird es ein Heimspiel; von den rund 13.000 Zuschauern sind mindestens 8.000, eher 9.000 F95-Fans. Beim RW Erfurt geht es um nichts, die Mannschaft hat sich bereits für die kommende dritte Liga qualifiziert. Und dann geschieht es. Oben im Block steht Paul Jäger als zwei bekannte Gesichter eintreffen: Frank Mayer und Axel Bellinghausen. Fränkie ist nach Abstechern zu Preußen Münster und nach Chemnitz beim Bonner SC gelandet, Axel kickt bei Lautern. Beide haben es sich nicht nehmen lassen, stickum anzureisen, um ihre geliebte Fortuna zu unterstützen.

Lumpi auf dem Platz

Da steht Lumpi noch für F95 auf dem Platz – zusammen mit: Ratajczak, Cebe, de Cock, Langeneke, Hergesell, Christ, Costa, Caillas, Sahin, Lawarée, Hampel, Kastrati und Heidinger. Geht man die Liste durch, fallen einem noch ein paar Spieler auf, die bis auf den heutigen Tag noch ein besonderes Verhältnis zur Fortuna haben; allen voran natürlich der Jens, der in der abgelaufenen Saison den Übergangstrainer der Zwoten gegeben hat. Machen wir uns nichts vor: Die Zahl der Kicker, die nur mal kurz bei uns vorbeigeschaut haben, ohne sich besonders mit dem rotweißen Wappen zu identifizieren, ist deutlich größer als die der treuen Seelen und Heimkehrer. Vielleicht muss das so sein in den Zeiten des modernen Fußballs.

Aber woran mag es liegen, dass die Fans auf der Süd dem Axel immer noch seinen Song vorsingen, selbst jetzt, wo er „nur noch“ Co-Trainer ist? Oder weshalb drehen Tausende Fortunen angesichts der Nachricht am Rad, Lumpi kehre zurück von seinem Gastspiel bei Dynamo? Ja, tatsächlich, der Typ, der eigentlich Andreas Lambertz heißt, schließt sich nach drei Jahren wieder der Fortuna an – in ähnlicher Rolle wie das vor ihm Jens Langeneke und Christian Weber getan haben: als Senior in der Zwoten, als Vorbild für die Jungen, als Mentor und Motivator.

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