Diese wunderbare Online-Magazin hat die Mannschaft und das Trainer-Team in der Rückrunde mehr als einmal in Schutz genommen und musste sich dafür Schönfärberei und den Besitz einer rosanenen Brille vorwerfen lassen. Heute gab es keinen weiteren Grund, sich vor Funkel, Hermann und die Jungs mit den Stollenschuhen zu stellen. Die Niederlage, die keine wurde, kann aus einer ganzen Reihe von Perspektiven erklärt werden, und keine davon ist für die sportlichen Akteure des TSV Fortuna Düsseldorf e.V. in irgendeiner Weise schmeichelhaft. Will man den Gewinner des Tages küren, dann heißt der ganz eindeutig Südtribüne. Das war an diesem frühlings haften Maiennachmittag die Instanz, die all das einlöste, was unter der Woche unter dem Slogan „Alles aus Liebe. Alle ins Stadion.“ in Düsseldorf die Runde machte.

Wobei die Zuschauerzahl von nur knapp über 27.000 auch schon eine Niederlage ist bei dem ganzen Bohei, das wieder einmal kurz vor dem Untergang rund um die Fortuna gemacht wurde. Ganz offensichtlich hat das Sonderangebot, nach dem Dauerkartenbesitzer vier Tageskarten für fünf bzw. zehn Euro erwerben und weitergeben konnten, nur im Stehplatzbereich. Auf den Sitzplätzen war sogar eher weniger los als in den Wochen zuvor. Dafür konnte man auf der Süd Gesichter sehen und Menschen treffen, die teilweise schon sehr lange nicht mehr im Stadion waren. Entsprechend schön war die Fähnchen-Choreo am Anfang und lautstark die Anfeuerung über weite Strecken der Partie. Selbst Vorsänger Marvin verzichtete weitgehend auf die von ihm so gern angestimmten Schlaflieder. Ein paar Mal schwappte dieser starke Wille zum Support auch auf die Tribünen über. Aber es waren genau die Sitzer, die zuerst begannen, das eigene Team auszupfeifen. Gemeckert wurde natürlich auch auf den Stehplätzen und wie so oft auch sehr böse und nicht selten ungerecht. So musste sich Alexander Madlung, der wie in Hannover eine sehr solide Leistung lieferte, nach einem Pass zu Michael Rensing Mitte der zweiten Hälfte auspfeifen lassen – dabei waren es seine Mitstreiter, die sich einfach nicht freiliefen.

Die Schuldfrage

Wenn aber jemand die Schuld an dieser gefühlten Niederlage trägt, dann ist es dieses Mal ganz eindeutig Friedhelm Funkel – inwieweit auch Peter Hermann für das völlige Misslingen des Spielplans in Hälfte Eins verantwortlich ist, lässt sich nicht beantworten. Natürlich war die systemische Idee zu Spielbeginn unter den gegebenen personellen Bedingungen nicht ganz dumm. Wieder wurde eine 3er-5er-Kette eingerichtet, wobei Adam Bodzek mit Robin Bormuth und Alexander Madlung das Dreierbollwerk bildete… und an seiner angestammten 6er-Position fehlte. Julian Schauerte und Lukas Schmitz operierten als fliegende Außenläufer… und hatte so gut wie nie Abnehmer für Pässe und Flanken in der Mitte. Denn vorne rotierte ein Trio, gebildet aus Özkan Yilidirim, Oliver Fink und Ihlas Bebou… der aber mit seinem Freiraum in der Mitte nichts, aber auch gar nichts anfangen konnte. Weil Bodzek so weit hinten spielte, bildeten sich zwischen Abwehr und dem Zweier-Mittelfeld, bestehend aus Christian Gartner und Marcel Sobottka gewaltige Löcher, die jegliches Umschaltspiel so gut wie unmöglich machte.

Und so kamen die handgezählten drei Torchancen der Herren in Weiß quasi aus Systemabweichungen zustande. Gedacht war wohl, dass jeweils einer der Offensivkräfte – Stürmer möchte man sie nicht nennen – die Mittelstürmerposition einnimmt und so Pässe der Angriffskollegen oder Flanken der Außenläufer verwertet. In der Realität aber war der gegnerische Strafraum meistens fortuna-freie Zone. Anstatt nun aber die Fünferkette sehr hoch zu stellen und die vorderen fünf Spieler ins aggressive Pressing zu schicken, spielte die Mannschaft defensiv, risikoarm, ängstlich und kein bisschen engagiert. Ein Fink, der Gas gibt, wo immer möglich, reicht da nicht. Schönspieler wie der talentierte Herr Yildirim helfen genauso wenig weiter, wie ein begnadeter Dribbler wie Bebou, der zwischen Sechzehner und Anstoßkreis auf halber Höhe um sich selbst herumirrt.

Fehler im System

Wenn die Coaches draußen das völlige Versagen des von ihnen verordneten Systems während der Halbzeit wahrgenommen haben, dann hätten sie es stantepede und gern auch unter Zurhilfenahme von Einwechslungen ändern MÜSSEN. Sie aber ließen es geschehen, dass alles so aussah, als würden die Fortunen schon ab Minute 20 auf ein 0:0 hin spielen. Nichts brannte, der Emotionslevel war niedrig, und Madlung war der einzige, der ab und an mal lauter wurde, wenn seine Mitkicker nicht richtig standen. Da erwartet man von der alten Garde, namentlich Bodzek und Fink, mehr verbalen Einsatz; vom heimliche Käpt’n Michael Rensing kann man das nicht erwarten; er ist eher der Typ Grantler.

Logisch, dass sich der magenkranke Rouwen Hennings die gesamte Pause über warmlief. Klar, dass die Fortuna in der zweiten Spielhälfte mit einem ganz anderen System antreten würde. Es war aber vorhersehbar, dass das Duo des Zauderns an der Linie erneut nicht auf Risiko setzte, sondern den Zuschauern das übliche 4-3-2-1 servierte, in dem Torjäger Hennings immer wieder verhungert. Außerdem brauchte die Truppe mehr als eine Viertelstunde, sich im neuen System einzufinden, was die Würzburger dazu nutzen, den Druck zu erhöhen, sehr viel offensiver und, ja, risikoreicher aufzutreten. Nicht, dass die Franken dadurch wirklich gefährlicher geworden wären, dafür ist das Team einfach zu schwach. Aber sie schafften es, die F95er nervös und unsicher zu machen. Nach vorne ging immer weniger, weil ja nun noch weniger von den Flügeln ausging. Der ordentlich agierende Schiri Siewer hatte den Kickers den Zahn des nickeligen Kleinfouls schon in der ersten Halbzeit gezogen und bescherte den Fortunen ab der 60. Minute einige aussichtsreiche Standards… die nie zu gefährlichen Situationen führten.

Frust und Unmut

Eine Viertelstunde vor Schluss machte sich auch auf der Süd so langsam Frust und Unmut breit. Wobei sich die Kritik vor allem auf Funkel richtet und auf die mangelnde Emotion der Spieler. Konkrete Ideen, was man noch ändern könnte, hörte man nicht. Dafür wuchs aber die Zahl derjenigen, die sich einfach nur wünschten, es möge vorübergehen: dieses Spiel, diese Saison und, ja, auch die Zweitligazugehörigkeit. Es ist ganz klar: Noch eine solche quälende Saison wie die letzten drei werden auch viele sehr treue Fans nicht mehr einfach so mitmachen. Es steht zu vermuten, dass die Verkaufszahlen der Dauerkarten für die Saison 2017/18 dramatisch einbrechen werden – ganz unabhängig von der Liga. Ob daraus ein „großes Aufräumen“ wird, wie es sich einige aktive Fans wünschen, ist die ganz große Frage.

Es kam wie es kommen musste. In der 86. Minute gelang einem Würzburger mit einem ziemlich schönen Schuss der Führungstreffer. Die Süd reagierte mit nacktem Entsetzen, und es grenzt an ein Wunder, dass die Menschen auf den Stehplätzen noch einmal die Kraft fanden, das Team, das zurzeit ihren geliebten Verein repräsentiert, ernsthaft und wild anzufeuern. Aber selbst das löste bei den Akteuren in Weiß eher Hektik als Kraft aus. Man drosch die Bälle nach vorne, warf sich wild in aussichtslose Zweikämpfe und schaffte es nicht, das Heft des Handelns in die Hand zu bekommen. Dass dann aus einem nicht besonders aufregenden Freistoß von Schauerte in der 90. Minute der Ausgleich wurde, kann nur unter Dusel abgebucht werden – und davon hatte die F95-Mannschaft in dieser Saison bekanntlich ja nur sehr, sehr wenig.

Das quälende Ende

Erstaunlich, dass nach dem Schlusspfiff kaum jemand in Tabellenrechnereien übte. Der eine Punkt verbessert und verschlechtert die Lage zunächst nicht. Es bleibt eindeutig: Eines der beiden letzten Spiele MUSS gewonnen werden, weil sonst die Durchreiche auf den Relegationsplatz droht. Kommt nur noch ein Punkt rein, kann es am Ende sogar der direkte Abstieg sein. Es würde ganz und gar dem Verlauf der Rückrunde entsprechen, wenn das Team in Nürnberg gewinnt und das letzte Heimspiel gegen Aue verliert. Und so quält sich das alles zum Ende, ohne Frohsinn, ohne Freude, ohne Aussicht auf den schönen Moment.

Wenn eines schon jetzt feststeht, dann dass es nach der Sommerpause wieder zu einem Restart kommen wird und muss. Dass ein solcher Neuanfang mit Funkel und Hermann kaum möglich ist, dürfte inzwischen klar sein. Vielleicht haben die beiden älteren Herren ja die Grandezza, von sich aus zurückzutreten, bei der Suche nach einem neuen Trainer-Team mitzuhelfen und der Fortuna ab dem Sommer ehrenamtlich als Berater zur Seite zu stehen. Zuzutrauen wär’s ihnen…

4 Kommentare

  1. Mal abgesehen von der sehr eigenwilligen taktischen Einstellung, wie kann es denn sein, dass eine Mannschaft in dieser Situation das mit Abstand schlechteste Spiel der Saison abliefert?
    Damit meine ich endlos viele Passversuche, bei denen dem Gehgner aus 3 Metern Entfernung der Ball in diese Füße gespielt wird, damit meine ich vollkommen sinn- und wirkungslos ausgeführte Standards, damit meine ich sinnloses Nachvornebolzen, damit meine ich unglaublich viele verlorene Zweikämpfe.
    Ja, ich weiß, Profifußballer sind auch nur Menschen (die Würzburger übrigens auch und deren Belastung war nicht geringer) und ich kann auch die Nervosität und die Angst, die in jeder Sekunde spürbar war, nachvollziehen, aber das Ganze war insgesamt extrem unprofessionell.
    Synonyme für professionell: fachgerecht, fachkundig, fachmännisch, gekonnt, kompetent, sachgemäß, sachgerecht, sachkundig, sachverständig.
    Nichts davon war zu sehen

  2. „Am Ende trägt ja sowieso der Trainer die Schuld. Und Tausende debattierfreudiger Fans sind sich sicher, dass sie ganz persönlich an des Coaches Stelle alles anders gemacht und so die Mannschaft zum Erfolg geführt hätten.“ ( Rainer am 03.05.2017). Sorry Rainer aber ich denke ohne Spieler wie Ayhan kann es nicht funktionieren in der zweiten Liga. Letzte Saison war es Demirbay und diese Saison ist Ayhan der es ausmacht und am Ende verkauft wird.

    • Nun, die Aufstellung ist die eine Sache, die Einstellung die andere. Wenn man das vollkommen emotionslose Auftreten ansieht, wie die Spieler mit hängenden Schultern und Köpfen über den Platz schleichen, fragt man sich schon, was die Trainer vorher für die Einstellung getan haben – viel war es offenbar nicht. Und wenn Fink sich tatsächlich traut, hinterher das Wort „Kampf“ in den Mund zu nehmen, stimmt mit der Selbstwahrnehmung ganz erheblich etwas nicht. Für diese Dinge sehe ich die Trainer in der Verantwortung.

  3. Ohne Madlung wäre das nichts geworden, erstaunlicherweise war Madlung der einzige Spieler der sich im Verlauf des Spiels gesteigert hat, der immer anspielbar war, der als Ballverteiler agieren musste, da sich seine Kollegen -deren Aufgabe das eigentlich gewesen wäre- hinter ihrem Gegenspieler versteckten und kein Interesse zeigten eine Spieleröffnung zu kreieren. Und es war Madlung der in der 90zigsten Minute genau an der richtigen Stelle außerhalb des 5 m Raumes stand, so dass der arme Torwart an ihm abprallte.
    Das sagt eigentlich alles über den aktuellen Zustand der Mannschaft