Fragt mich doch seinerzeit ein Vater bei der Anmeldung seiner Tochter an der Gesamtschule an der Brinkmannstraße, weshalb das Institut eigentlich nach dieser Hulda Pankok benannt sein und nicht nach ihrem Mann Otto, der doch ein berühmter Maler gewesen sei. Zugegeben: Damals wusste ich über diese Frau wenig mehr als das, was in der Wikipedia zu finden war. Trotzdem hat mich die Frage irritiert. Nur weil das Hülleken bei der Hochzeit den bekannten Namen Droste abgelegt und den ihres geliebten Gatten angenommen hat, wird sie doch nicht nur die Frau vom großen Maler… Denn da hatte Hulda sich selbst schon als Journalistin einen Namen gemacht.

Im sehr empfehlenswerten Buch „Düsseldorfs starke Frauen“ von Antje Kahnt, das bezeichnenderweise im Droste-Verlag erschienen ist, heißt es unter anderem:

Trotz Nachwuchses war Hulda Pankok in den folgenden Jahren gut im Geschäft. Ab 1929 stand sie beim kurz zuvor gegründeten WDR unter Vertrag. Mit Otto Pankok im Schlepptau reise sie auf den Spuren El Grecos durch Spanien. Daraus resultierten zwölf Rundfunkvorträge…

Hulda, die Rundfunkpionierin

Die junge Hulda (1924)

Die junge Hulda (1924)

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: In einer Zeit als es in der damaligen Rheinprovinz kaum 100.000 Rundfunkhörer gab, ist es diese Frau, die Beiträge schreibt und produziert und ihren Mann „mitschleppt.“ Denn das heute prominente Mitglied der Künstlergruppe „Junges Rheinland“, die sich um die Düsseldorfer Galeristin Johanna Ey versammelt hatte, konnte die Familie mit der 1925 geborenen Tochter Eva beileibe nicht ernähren. Hulda aber war bereits seit 1919 als Journalistin tätig. Zunächst vor allem für den Düsseldorfer Stadtanzeiger (der später als „Der Mittag“ zu einer der ersten Boulevardzeitungen wurde), aber auch als freie Redakteurin für diverse andere Blätter und eben auch für den WDR.

"Der Mittag", Ausgabe von 1954

„Der Mittag“, Ausgabe von 1954

Verleger des „Mittag“ war Huldas Bruder Heinrich Droste, der seine Schwester 1919 nach Düsseldorf geholt und gebeten hatte, für seine Zeitung zu arbeiten. Da war sie gerade 24 Jahre alt und hatte nach dem Besuch einer Höheren Töchterschule in Jena Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte studiert. Beide Fächer, die Literatur und die bildende Kunst, blieben ihr ganzes Leben lang die beherrschenden Themen – zusammengefasst im Zitat „Immer wieder drängt es mich dazu, mich für die holde Kunst einzusetzen, da ich ein Mensch von heute bin.“ Nach dem Beginn des NS-Regimes 1933 wurden sie und ihr Mann beinahe zwangsläufig zu verdächtigen Subjekten. Zumal sie sich das Ehepaar schon seit der Zeit, in der sie sich kennenlernten und heirateten, immer friedenspolitisch engagiert hatte.

Hulda und Otto Pankok – Gerechte unter den Völkern

1936 wurde Hulda und Otto Pankok Berufsverbot erteilt. Natürlich arbeiteten beide weiter, sie u.a. unter Pseudonym für Kirchenzeitungen. Aus der engen Gestapo-Beobachtung war das Paar samt Tochter zunächst ins Emsland, später in die Eifel gezogen. Im dortigen Häuschen in Pesch versteckten sie mehrfach vom Regime Verfolgte. So konnten Hulda und Otto den Maler Matthias Barz und seine jüdische Frau Hilde Stein bis zum Kriegsende schützen. 2013 wurden beide von der jüdischen Gedenkstätte Yad Vashem für dieses Engagement mit dem Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet.

Das Drei-Eulen-Logo - heute verwendet von der Hulda-Pankok-Gesamtschule

Das Drei-Eulen-Logo – heute verwendet von der Hulda-Pankok-Gesamtschule

Nach dem zweiten Weltkrieg gründeten Hulda und Otto Pankok zusammen mit Tochter Eva den Drei-Eulen-Verlag, dessen Logo mit den namensgebenden Vögeln von der Hulda-Pankok-Schule als Signet übernommen wurde. Außerdem begann Hulda Pankok nun sich politisch zu engagieren. So gründete sie 1951 die beinahe ganz in Vergessenheit geratene Deutsche Frauenpartei mit, um sich der 1952 von Gustav Heinemann gegründeten Gesamtdeutschen Volkspartei anzuschließen, die aber schon 1957 mangels Erfolges wieder eingestellt wurde.

Eine moderne Frau

Hulda Pankok im Jahr 1957

Hulda Pankok im Jahr 1957

Der Drei-Eulen-Verlag brachte es zwischen 1946 und 1952 fertig, mehr als 50 Bücher, allesamt Werke der Weltliteratur und bedeutende Kunstbände, herauszubringen. Die Währungsreform mit Einführung der DM brachte den Verlag in immer größere Finanzschwierigkeiten, sodass die Pankoks ihn letztlich schließen mussten. Hulda arbeitete die ganze Zeit über immer auch als Journalistin für die Düsseldorfer Lokalpresse. Nachdem Otto seine Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie aufgegeben hatte, bezog die Familie 1958 in das Haus Esselt am Niederrhein, aus dem Hulda nach dem Tod ihres Mannes ein Museum machte, das bis heute erfolgreich existiert.

Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass Hulda Pankok eine ausgesprochen moderne Frau war, die nicht nur Beruf und Familie erfolgreich unter einen Hut brachte, zudem ihren Mann bei seiner künstlerischen Arbeit unterstützte, sondern sich über gut 40 Jahre immer auch politisch betätigte. Und bei all dem ihre Liebe zur Literatur und zur Kunst nie verriet.

[Alle Fotos via Pankok-Haus / Museum Esselt]

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