Bericht · Nicht erst seit der Expo Real Anfang Oktober, der Immobilienmesse in München, auf der OB Keller die wichtigsten Düsseldorfer Neubauprojekte vorstellte, sind die geplanten Hochhäuser in unserer Stadt in aller Munde. Dabei begann die Diskussion etwas außerhalb der Öffentlichkeit bereits 2017/2018. Um einem drohenden Wildwuchs vorzubeugen, etablierte die Stadt 2019 einen Hochhausbeirat, der wiederum einen Hochhausrahmenplan erarbeiten sollte. Nachdem seit jenem Jahr Pläne für insgesamt 18 Bauten mit 60 oder mehr Metern Höhe bekannt wurde, wurde es zu einer Hauptaufgabe des Beirats, solche Projekte zu beurteilen. Denn die potenziellen Bauherren und ihre Architekten wollten immer höher hinaus und entwickelten wildeste Phantasien. Grund genug, sich einmal mit der Historie und dem Stand der Dinge in Sachen Hochhäuser zu befassen. [Lesezeit ca. 5 min]

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Begonnen hat alles mit dem Bau des Wilhelm-Marx-Hauses, das 1926 eröffnet wurde. Es zählt zu den ersten Hochhäusern in Deutschland, ist sicher das erste Hochhaus in Düsseldorf und galt lange als der höchste Eisenbetonbau in Europa. Entworfen hat es Wilhelm Kreis, der auch für den Ehrenhof verantwortlich zeichnete – die optische Verwandtschaft zwischen dem Wilhelm-Marx-Haus und dem für die Gesolei errichteten Ensemble ist unübersehbar. Mit nur 13 Etagen und 57 Metern Höhe würde man den Bau heute gar nicht mehr als Hochhaus bewerten, denn dieses Etikett tragen üblicherweise nur Gebäude mit 60 Metern und mehr.

Mannesmann-Hochhaus und Peter-Behrens-Bau (Foto: TD)

Mannesmann-Hochhaus und Peter-Behrens-Bau (Foto: TD)

Fast dreißig Jahre lang überragte der mit roten Ziegeln verkleidete Bau nicht nur die Altstadt – er war neben den diversen Kirchtürmen das einzige Haus, das von den Höhen des Grafenberger und Aaper Waldes zu sehen war. Erst 1958 folgte mit dem Mannesmann-Hochhaus ein neuer Höhepunkt, direkt am Rheinufer. Egon Eiermann und Paul Schneider-Esleben hatten es nach einem gewonnenen Wettbewerb entworfen. Es hat 22 Etagen und ist „nur“ 88,5 Meter hoch. Mit seiner schlanken Silhouette und den 1.232 Fenstern galt es vielen Experten als das bis dahin schönste Hochhaus Deutschlands. Nachdem ein gewisser Esser im Jahr 2000 den Konzern samt Hochhaus für ein Linsengericht vertickt hatte, trug es offiziell den Namen des Telefonkonzerns Vodafone. 2012 kam das Logo des Unternehmen wieder weg, denn das Hochhaus wurde vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW bezogen.

Dreischeibenhaus aus der Mühlenstraße gesehen (Foto: TD)

Dreischeibenhaus aus der Mühlenstraße gesehen (Foto: TD)

Ebenfalls nach einem gewonnenen Wettbewerb aus dem Jahr 1955 entstand bis 1960 das sogenannte „Dreischeibenhaus„, entworfen und errichtet von den Düsseldorfer Architekten Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg zusammen mit den jungen Architekten Fritz Eller, Erich Moser und Robert Walter. Bauherr war die Phoenix Rheinrohr AG, deren Namen der Bau offiziell der Bau trug. Nachdem Thyssen die Phoenix AG übernommen hatte, trug das wunderschöne Hochhaus gut 20 Jahre lang den Namen dieses Konzerns. Nachdem ThyssenKrupp Düsseldorf verlassen hatte, wurde das Gebäude bis 2012 unter Regie des Architekturbüros HPP Hentrich-Petschnigg und Partner komplett saniert, modernisiert und umgebaut. Die 25 Etagen verteilen sich auf eine Höhe von 94 Metern. Damit war das international hochgelobte Dreischeibenhaus bis 1976 das höchste Haus der Stadt.

Der Eingang des LVA-Gebäudes an der Friedrichstraße (Foto: TD)

Der Eingang des LVA-Gebäudes an der Friedrichstraße (Foto: TD)

Harald Deilmann hat diesen mächtigen Mehrfachklotz gezeichnet, der 1976 als Hauptgebäude der Landesversicherungsanstalt (LVA) eröffnet wurde. Während Mannesmann- und Dreischeibenhaus als architektonische Highlights zu sehen sind, ist das LVA-Hochhaus (mit der offiziellen Adresse Königsallee 71) einfach nur groß und hoch. Genauer gesagt: 123 Meter mit 29 Etagen. Wie es überhaupt zur Baugenehmigung kam, ist bis heute umstritten. Das Errichten einer solchen Baumasse führte im Umkreis von 100 Metern zu teilweise erheblichen Schäden an Wohnhäusern. Alles an diesem Monstrum ist groß und effektheischend – sogar der Eingangsbereich mit seiner Kunst…

Blick zum Ergo-Hochhaus in Pempelfort (Foto: TD)

Blick zum Ergo-Hochhaus in Pempelfort (Foto: TD)

Erst 1998 bekam der LVA-Klotz Konkurrenz, was die Bauhöhe angeht. Nachdem die Düsseldorfer Messe nach Stockum umgezogen war, hatte die Victoria-Versicherung ab 1971 deren ehemalige Gelände zwischen Fischerstraße und Rheinterasse sukzessive mit eigenen Verwaltungsgebäuden vollgestellt. Mit dem runden Turm, der heute meist „Ergo-Tower“ genannt wird, hatte erneut das Architektenbüro HPP Hentrich-Petschnigg & Partner eine Duftmarke im Düsseldorfer Stadtbild gesetzt. Fertig wurde der Turm 1998 und nahm mit 108 Metern Höhe den zweiten Platz in der Rangliste der höchsten Gebäude ein. Vom linken Rheinufer aus gesehen bildeten nun Mannesmann-, Dreischeiben- und Victoria-Haus die moderne Skyline der Stadt.

Der ARAG-Tower am Mörsenbroicher Ei (Foto: ARAG Versicherung)

Der ARAG-Tower am Mörsenbroicher Ei (Foto: ARAG Versicherung)

Nur zwei Jahre später ging der Platz Nummer 1 an das neue Hauptgebäude der ARAG-Versicherung. Zum ersten Mal war ein international bekannter Architekt für den Bau verantwortlich: Lord Norman Foster. Im Jahr 2000 wurde der ARAG-Tower am Mörsenbroicher Ei eröffnet, genau an der Stelle, an der über 30 Jahre das alte ARAG-Hochhaus mit seiner markanten Treppensilhouette gestanden hatte. Das hübsche Hochhaus ist exakt 124,88 Meter hoch und hat 32 oberirdische Geschosse. Es markiert optisch diesen chaotischen Verkehrsknotenpunkt der Stadt. Weil sich der Abriss des alten Hochhauses und die Aufbereitung des Grundstücks schwierig gestalteten, konnten die Bauarbeiten nur mit Verspätung begonnen werden. Mit seinen knapp 125 Metern Höhe bildete der ARAG-Tower die Höchstmarke für zukünftige Hochhäuser der Stadt.

Nach 2000 entstanden nur noch zwei Gebäude, die allgemein als Hochhäuser wahrgenommen werden. Das GAP 15 von 2005 am Graf-Adolf-Platz mit 90 Metern und das Sky-Office (2009) am Kennedydamm mit 89 Metern. Und nun sind gleich vier Hochhäuser mit 110 bis 125 Metern Höhe in konkreter Planung. Vorschläge aus den vergangenen zwei Jahren, die in einer ähnlichen Liga spielen oder sogar noch wesentlich höher werden sollten, wurden auf Basis des Hochhausrahmenplans bereits verworfen. Nun kam ein Vorschlag der Centrum-Gruppe für einen Opernneubau an alter Stelle auf den Tisch, zu dem unter dem Namen „Duett“ zwei Hochhäuser zählen: eines davon soll mit 142 Metern eine neue Höchstmarke setzen. Auch die für die Verwertung der Karstadt-Kaufhof-Immobilien zuständige SIGNA schlägt für ihre Planung einer Oper an der Schadowstraße einen 115 Meter hohen Turm vor. Warum die Immobilien-Konzerne so scharf auf Hochhäuser jenseits der 100-Meter-Marke in Düsseldorf sind, ist klar. Im Gegensatz zu den meisten anderen deutschen Großstädten (ausgenommen München) gibt es in unserer Stadt noch genug potenzielle Grundstücke für derartige Türme, die – dies der Hauptgrund – wesentlich mehr Profit versprechen als Bauten mit 60 oder weniger Metern Höhe.

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