„Bin mal gespannt, was morgen in deinem Bericht steht,“ sagte nicht nur einer der gut 150 Fortuna-Bekloppten im Bilker Häzz, die sich eingefunden hatten, um unter der Schirmherrschaft der Expertenrunde den Erstligaaufstieg der glorreichen Diva mitzuerleben. Oder auch nicht. Denn klar war nur: Aufstieg ist, wenn F95 in Dresden gewinnt. Soweit sich Ihr sehr ergebener Berichterstatter erinnert, hat das Team in Rot gegen das Team in Gelbschwarz gewonnen, was bedeutet, ja, in der Saison 2018/19 spielt die erste Herrenmannschaft des TSV Fortuna Düsseldorf 1895 in der ersten Fußballbundesliga. Und um die Ausgangsfrage zu kommen: Es wird keine Spielanalyse im gewohnten Spiel geben, weil sich Ihr Ergebener nicht an Details erinnert.

Ja, dieser wunderbare Florian Neuhaus, der nächstes Jahr für BMG als Zwangsarbeiter wird schuften müssen, erzielte ein ziemlich perfektes Tor nach Konter. Ja, es wird wohl irgendwann auch den Ausgleich gegeben haben. Und, ja, ja, ja, Rouwen Hennings schoss die schöne Fortuna kurz vor Schluss – ebenfalls nach einem Konter – in diese erste Liga … die viele von uns ja eigentlich nicht wirklich mögen. Wer jetzt daher kommt und trötet, er führe lieber nach Dortmund und München als nach Sandhausen oder Heidenheim, outet sich praktisch als Nichtauswärtsfahrer, und die Realität wird – genau wie 2012/13 – zeigen, dass außer dem harten Kern der Alles- und Vielfahrer nur ein paar Händevoll Anhänger der Fortuna mitreisen werden.

Sauvolles Häzz

Es war sauvoll im Bilker Häzz an diesem für Nicht-F95-Fans unspektakulären Samstagmittag. Klar, hatten doch zwei Lokalmedien (die zufällig auf denselben Gedanken gekommen waren) das Domizil der mittlerweile legendären Expertenrunde, zu der zuzugehören Ihr Ergebener die Ehre hat, als möglichen Guckpunkt für Aufstiegsinteressierte empfohlen. Weil’s regenfrei zu bleiben versprach, war auch die Terrasse geöffnet und mit einem Flach-TV bestückt. Apropos: Zu Gast war auch ein fröhliches Fernsehteam, das für die fröhliche Fußballsendung namens „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ arbeitet und auf der Suche nach authentischen Aufnahmen authentischer Fans war … und diese auch fand. So wird man am Sonntag nach dem Endspiel im Nürnberg einen Sonderbericht kurz vor der Zeigler-Show im WDR sehen können.

Als Stars ausgesucht hatte sich der Redaktör unseren Stadion-DJ Opa (ebenfalls stolzes Mitglied der Expertenrunde) sowie den Ex-Aufsichtsratskandidaten Tim Ameisenman, einer der langjährigsten aktiven Fans, die noch geradeaus gucken können. Der hatte seine hochschwangere Partnerin mitgebracht, die mit einem schiefen Lächeln mitteilte, dass sie nur aufgrund ihrer Umstände nicht in Dresden weilte. Nicht hat jeder hatte solch gute Gründe, nicht vor Ort zu sein; manche hatten schlicht und einfach keine Eintrittskarte mehr ergattern können oder keinen Eisenbahnfahrschein oder keine Mitfahrgelegenheit. Dafür waren nicht wenige der Anwesenden aus fernen Viertel wie Pempelfort oder gar Unterrath angereist, um dieses Spiel an diesem Ort zu verfolgen.

Aufstieg passt heut schlecht

Seien wir ehrlich: Die Stimmung war unkonzentriert, und manche Witzelei wirkte schon ein bisschen wie ein Ablenkungsmanöver vom Ernst der Lage. Ganz kurz wurde das vermeintliche 4-1-4-1 diskutiert, das Trainer Funkel den Medien vorgelogen hatte, dann wurde ein bisschen an der Aufstellung herumgemäkelt und die längst bekannte Meinung zu diesem oder jenem Spieler verkündet. Den breitesten Raum aber nahmen Tabellenspekulationen ein. „Wie viele Punkte hammer jetzt?“ fragte einer, und Ihr Ergebener musste zugeben, das nicht zu wissen. Aber es finden sich immer Experten, die das Ganze im Kopf haben und einem erklären können, dass, wenn Kiel… und so weiter. Am Ende hieß es immer: Dann steigen wir eben spätestens beim letzten Heimspiel auf. „Passt mir auch besser,“ sagte eine lustige Fan-Dame und fügte an: „Heute hätt ich keine Zeit zum Feiern.“

Das alles war vergessen, nachdem schon um die 10. Minute herum Neuhaus, dieser Teufelskerl, abgezogen und die Pille in der Dresdner Hütte versenkt hatte. Der Jubel war groß. Aber nun setzte sich quer durch die Kneipe der typisch fortunistische Pessimismus an verschiedenen Ecken fest: „Das verlieren die noch,“ hieß es, und dass dies typisch für Fortuna sei. Die Kassandren konnte ja nicht ahnen, wie typisch fortunistisch die Sache enden würde und behielten mit ihrer Skepsis erst einmal Recht, als ein Dresdner in der 65. Minute den Ausgleich machte. Übrigens ein gelbschwarzer Kicker, der zu dem Zeitpunkt schon gar nicht mehr hätte auf dem Platz stehen dürfen – nur ein paar Minuten zuvor war er unserem lieben Robin Bormuth außerhalb der Torlinie mit Wucht und von hinten in die Beine gerauscht, was eine glatte rote Karte hätte hervorrufen müssen. Aber dies war dann auch die einzige Fehlentscheidung des guten Schiris namens Hartmann.

Typisch fortunistisch

Sollte die Erinnerung nicht täuschen, dann bemängelten die anwesenden Fußballfreunde in der zweiten Halbzeit vor allem, dass die Mannschaft in Rot immer ein bisschen zu tief stand und kaum noch Pressing spielte, was die Dresdner ausnutzten und nun gern und oft um den F95-Sechzehner herumturnten. Und dann hatten sie einige Chancen, den Düsseldorfern die Tour zu vermasseln. Wieder einmal war es Keeper Raphael Wolf, der seiner Mannschaft das Gesäß rettete und es überhaupt möglich machte, dass es an diesem sonnigen Nachmittag im schönen Sachsen einen Aufstieg geben konnte. Alle Gäste im Häzz hatten sich schon mit dem Unentschieden abgefunden und der Möglichkeit, einen stillen Aufstieg am Sonntag begehen zu müssen – denn bei einem Unentschieden usw. usw. usw. -, da setzte sich der Geist der Fortuna wieder einmal durch. Es wird wohl schon die 90. Minute gewesen sein, in der Hennings, Hennings, Hennings den Siegtreffer erschoss!

Wie heißt es in solchen Berichten von neutralen Schreibfinken so gern: Wildfremde Menschen lagen sich in den Armen. Oft ergänzt durch die Adverbien „lachend“ und/oder „weinend“. So war es auch am Samstag, dem 28. April 2018, auf den Tag genau 14 Jahre nach dem Aufstieg der Fortuna aus der Ober- in die Regionalliga, in dieser Viertelskneipe, dem Heim der Expertenrunde, dem Ort der Freude, der Trauer und auch der Wut über die Leistungen der Jungs mit dem F95 über dem Herzen. Und doch war die Mischung der Emotionen irgendwie ungenau: Da mischte sich brüllende Freude mit luftholender Erleichterung, und der meist aufgesagte Spruch lautete: Dat hammer uns verdient.

Im Pokal jejen den Äff-Zeh

Drei Stunden nach Abpfiff fand Ihr sehr ergebener Berichterstatter den Heimweg, voll guter Gefühle und einer Menge Altbier, nach drei Stunden Umarmungen, Grinsen, Zuprosten, aber auch Reden über die Fortuna, die Fortuna und die Fortuna oder den Fußball wie er mal war, wie er ist und wie er wird, über das, was F95 in der ersten Liga blüht und dem, was F95 in dieser Liga anzustellen in der Lage ist. Und Fußballgottseidank wurde so gut wie gar nicht darüber gemeint, welche Spieler nun aussortiert und welche „eingekauft“ werden sollten. Das kommt dann in der Sommerpause.

Schlusswort (nach dem feststand, dass der Äff-Zeh aus dem Domdorf abgestiegen ist) eines weisen Fans: „Ich sach dir wat, nächste Seesong spille mir im Pokal jejen die Kölner; dat wird so kommen, dat schreibisch dir hier op ne Deckel.“ Ja, irgendwie typisch fortunistisch wär das schon.

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