An Abenden wie gestern darf man sich als Düsseldorfer sehr darüber freuen, dass es die Phikipshalle – die jetzt wegen der Kohle offiziell irgendeinen bescheuerten Namen tragen muss – gibt, denn die ist für Gigs wie diesen ideal. Zumal wenn nicht nur fantastische Musiker am Werk sind, sondern Profis für einen perfekten Sound und eine ganz außergewöhnliche gute Licht- und Videoshow sorgen. Was also die Dave Matthews Band mit ihrem Team in die pickepackevolle Halle zauberten, machte alle Anwesenden glücklich. Dabei ist weder die Musik, noch die Texte auch nur im entferntesten Gutelaunelieder. Eher im Gegenteil: Wie auch bei den anderen Helden der Jamrock-Musik (z.B. Phish oder Widespread Panic) muss sich das Publikum auf oft sehr komplexe Stücke erheblicher Länge mit ausgedehnten Improvisationen einlassen, um die Sache genießen zu können. Was das angeht ist die Dave Matthews Band völlig kompromisslos. Der Gig begann ohne jede Begrüßung oder Ansage mit einem fulminanten, 20-minütigen Jam, bei dem Dave selbst erst nach einer Viertelstunde Gesang beisteuerte.

Seine Ansagen sind ja eh eher kurz und vorwiegend von einem leicht skurrilen Humor geprägt. Nachdem ein Fan mit dauerndem Reinrufen von Song-Wünschen genervt hatte, kündigte Dave an, er werde jetzt das gewünschte Stück spielen, aber mit einer völlig anderen Melodie und einem ganz anderen Text. Typisch auch die Bemerkung, das nächste Stück sei irgendwie über alles. So wie das Lied zuvor über nichts gewesen sei; das ei nun mal sein Dilemma, dass er immer über alles und nichts sänge. Nachdem sich die Truppe mit dem Drummer und dem Bassmann aus der Gründungsformation, sowie dem altgedienten Violinisten, dem noch nicht so lange mitreiseden Gitarristen sowie dem Trompter und dem Saxofonisten sich und das Publikum warmgespielt hatten, kam die Videowand ins Spiel, die den kompletten Bühnenhintergrund einnimmt. Da hätte man nach wenigen Minuten rufen mögen: Hey, ihr Lichtleute anderer Bands, schaut euch mal an, wie sowas richtig gemacht wird!

Zu den meisten Songs gab es kleine Clips, teils aus animierter Grafik, teils elektronisch erzeugt, über die dann Live-Bilder der Akteure – aufgenommen von insgesamt fünf oder sechs TV-Kameras – gemischt wurden. Das war in sich stimmig und bot auch den Leuten in der Mitte der Stehplätze die Gelegenheit, die Musiker von Nahmen zu sehen. Apropos: Selten ein solch genischtes Publikum gesehen. Da liefen einige sehr junge Menschen in Hoodies herum, mehrere Händevoll hipsterähnlicher Jungs und Mädels, eine große Schar Leute zwischen 40 und 50 und ebe auch nicht wenige älteren Herrschaften. Vielleicht ist es das, was die besondere Leistung von Dave Matthews und ähnlich agierenden Künstlern ausmacht, dass sie Musik nicht für eine bestimmte Zielgruppe machen. Denn die Palette beginnt, das wurde im Eröffnungstitel deutlich, klar beim Jazz, rennt durch diverse Wendungen des Funk, hat viele Elemente des Psychedlic Rock, aber tänzelt auch immer am Rande der Singer-Songwriter-Linie entlang. Und in 80 Prozent der Fälle bringt einen der Groove von Carter Beauford und Stefan Lessard die Anwesenden zum Wippen, Schwingen und Tanzen.

Ebenfalls für typisch für dieses Genre der populären Musik, das einst die legendäre Combo Grateful Dead erfunden hat, ist, dass die Songs in den Studio-Versionen auf Tonträgern nicht besonders gut rüberkommen, sondern eben nur in Echtzeit. Die Dave Matthews Band trägt – auch das gehört zum genre – dem Rechnung, indem sie schon seit vielen Jahren auf eigene Faus und Rechnung sogenannte „Live Trax“ von einzelnen Konzerten (inzwischen gibt es 36 davon) und „Live Recordings“ herausbringt. Wer also nachempfinden möchte, was die glücklichen Zuhörer gestern erlebt haben, der kaufe direkt bei der Dave Matthews Band ein. Oder fährt zu einem der noch folgenden sieben Gigs in Europa in diesem Herbst.

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