Der Burgplatz im Herz der Altstadt; mit seinem Schlossturm, der Freitreppe zum Rhein, dem Rathaus und seinen vielen Großveranstaltungen ist er Anziehungspunkt für Besucher aus nah und fern. Genau hier, mitten im touristischen Herzen von Düsseldorf, befindet sich – oh Wunder – eine öffentliche, unentgeltlich benutzbare Toilettenanlage. Ein wirklich großzügiges Angebot. Umso erstaunlicher, dass sich vor dieser Pforte selbst an Karneval keine Schlangen bilden.

Zugegeben, die WC-Anlage ist nicht besonders einladend. Ungepflegt ist sie, meist verdreckt und stinkend. Kloschüsseln aus Nirosta-Stahl, über denen man sich tunlichst nur stehend erleichtert. Der sie umgebende Boden ist verschmiert, nass, vielleicht sogar schwimmend. Das Klopapier, wenn überhaupt vorhanden, dann nass. Ein winzige Waschbecken, das nicht zum Händewaschen einlädt. Aber nicht nur die Sauberkeit ist es, weshalb dieser Ort vom normalen Altstadtbesucher allenfalls im äußersten Notfall aufgesucht wird.

Das andere Düsseldorf – arm, krank, hungrig

An diesem Ort kommt es zu Begegnungen mit Gestalten, die so gar nicht zum Image der reichen Landeshauptstadt passen. Ausgemergelt sind sie, mit faltige Gesichtern, verfilzten Haaren oder Zahnlücken. Sie haben ungewaschene, vielleicht zerrissene Kleider an; leere oder volle Flaschen klappern in Plastiktüten. Der ein oder andere riecht, ist ganz offensichtlich krank; vielleicht drogenabhängig.

Und während sie sonst in sicherer Entfernung am Wegesrand hocken und „Haben Sie mal einen Euro?“ murmeln, oder, wenn es hoch kommt, mit der Fifty-Fifty in der Hand auf Passanten zusteuern, hier sind sie – zu mindestens um die Mittagszeit – in kleinen Grüppchen anzutreffen. Es wird geplaudert. Man sieht fröhliche Gesichter. Immer wieder wird gelacht. Denn was kaum ein Altstadtbesucher weiß: Direkt neben dem einzigen, kostenfreien WC der gesamten Altstadt befindet sich das das Ziel meiner heutigen Expedition: die Armenküche.

Die Altstadt- Armenküche e.V.

Durch eine Tordurchfahrt gelangt der interessierte Besucher in einen kleinen, dunklen, aber zu mindestens überdachten Hof. Nach weiteren zwei, drei Schritten erreiche ich eine verschlossene Glastür und eine blonde Frau spricht mich an. „Wollten Sie essen?“ Als ich verneine, lächelt sie freundlich und stellt sich als Frau Poschmann vor. Dann führt sie mich in ein winziges Büro.

„Das ist unser Sozialarbeiter. Vielleicht kann er Ihnen weiterhelfen.“ Ein junger Mann sitzt an einem Schreibtisch, der vor dem Fenster stehend, die gesamte Breite des Raumes ausfüllt. Er gibt gerne Auskunft. „Wir machen 90 Essen pro Tag. Jeden Tag außer Sonntag. Essensausgabe ist von 12:30 bis 14:30 Uhr. Unser Essraum bietet 16 Personen Platz. Gegessen wird dann in Schichten. Die jetzt essen, brauchen ungefähr zwanzig Minuten; mit aufräumen eine halbe Stunde. Die nächsten warten im Hof.“ Und weiter: „Ein Essen kostet 50 Cent. Jeder, der arm ist, kann hier essen. Ob die Leute obdachlos sind oder nicht, interessiert uns nicht.“

Lebensmittelspenden von Supermärkten: Fehlanzeige

Wenig später kann ich mir einen Überblick über die räumlichen Verhältnisse verschaffen. Die Küche ist klein, vielleichtdrei mal drei Meter. Kippbratpfannen, Arbeitsplatten und das sonstige, in einer Großküche erforderliche Gerät beanspruchen Platz. Frau Poschmann und ihre drei ehrenamtlichen Küchenhelfer vollbringen wahre Meisterleistung auf engstem Raum. Auch der Essraum für die Klienten ist alles andere als groß. Robuste Holzmöbel, drei große Tische, die dazu gehörende Sitzgelegenheiten. Auch hier ist jeder Winkel verplant.

„Die Räume bekommen wir von der Stadt. Sie kosten nichts. Alles andere, Lohn für zweieinhalb Honorarkräfte, Kosten für Lebensmittel und was sonst so anfällt, all das basiert auf Spenden.“ Ich frage nach Lebensmittelspenden von Supermärkten. Mein Gesprächspartner schüttelt mit dem Kopf. „Damit kann man nicht planen. Mal schicken sie zehn Gurken, dann eine Palette Senf. Nein, wir kaufen ganz normal beim Großhändler.“

Noch einmal treffe ich auf Frau Poschmann und bekunde mein Interesse, bei einer Schicht mitzuarbeiten. Sie ist sichtlich erfreut und drückt mir einen Flyer mit ihrer Telefonnummer in die Hand. Als ich die Einrichtung verlasse, ist der Hof voll. Die nächsten Hungrigen warten.

Kommentare sind gesperrt.