[In unserer neuen Miniserie präsentieren wir die bemerkenswertesten Spielberichte der letzten zehn Jahre.] Wir werden alle störben! Abermillionen gewalttätiger Hoolifans aus Rostock haben sich mit den Rotterdamern und Dresdnern verbündet, um die Stadt Düsseldorf in Schutt und Asche zu legen! Zur Hülf! Zur Hülf! Tatsächlich waren um die 1.000 Sozialallergiker aus der Stadt, deren Bewohner mal Asylanten abfackeln wollten, auf die bekloppte Idee gekommen, a) einen Tag früher anzureisen und b) das „Bierhaus Zille“ in der Altstadt komplett anzumieten, u.a. um dort auch zu nächtigen.

Mit Fußball hatte nur eine Minderheit dieser vom Alkohol verblödeten Arschgeigen etwas am Hut; der Rest bestand aus Prügelprofis der Altersklasse 35 ~ 45. Darunter auch etliche gesichtsbekannte Nazis. Es ist das Versagen des Vereins Hansa Rostock und der dortigen Lokalpolitik, dass es diese Pissnelken schaffen, den Ruf von Hansa Rostock und ihren Fans schlimmstens zu beschädigen. Denn nur durch diese Lobotomen ist es möglich, dass etliche Diskutanten im F95-Fanforum (von dem ich nicht mehr sagen darf, dass es manche nicht zu Unrecht „Deppenforum“ nennen…) alle Hansa-Anhänger über den brauen Kamm scheren.

Es ist aber auch schwer zu differenzieren. Das musste Ihr sehr ergebener Berichterstatter am eigenen Leibe erfahren. Dazu später mehr. Denn die Tagesumstände Ihres Ergebenen waren chaotisch. Im Kopf saß als Termin für den Anpfiff aus irgendeinem allergiebedingten Grund 17:30 fest. Der Terminkalender stand dagegen auf 15:30. Als der Alarm um 14:00 meldete, in einer Stunde ginge es los, geriet er in Panik. Gewählt hatte er auch nicht. Was tun? In der Eile ist das Taxi dein Freund. Chauffiert wurde es von einem Exilfranzosen mit breitem Humor, der es geschwindigkeitstechnisch krachen ließ. So betrat der Berichterstatter die Tribüne in der Sekunde des Anpfiffes, freudig begrüßt von den Blockfreunden. Äh, Block 42 leer? Ach ja, 5 Minuten Fanstreik war ja angesagt.

Böller und Bengalos

Gegenüber knubbelte sich der Rostocker Mob; das ganze Spektrum von Altglatzen in Schwarz über Fans in blauweißen Trikots bis zu den Suptras, der dortigen Ultra-Fraktion, die sich eher links verortet und deshalb Ärger mit den doch recht rechtsradikalen Hansa-Typen kriegt. Aus der Entfernung war nicht zu erkennen, welche Fraktion wo stand. In der achten Spielminute wurde aber kurz ein Transparent hochgezogen, dass im Stil der Suptras besagte „Alles für den F.C.H.“ In diesem Moment krachte der erste Megaböller. Dann wurden im Schutz des Spruchbands gelbgrünliche Fackeln gezündet, dazu wohl auch Rauchtöpfe. Weitere Böller explodierten; ein Kracher, der auf den Platz geworfen wurde, traf den Rostocker Torwart Walke.

In diesem Moment strömten die Bewohner des Blocks 42 herein. Und plötzlich brannte ein grüngelblicher Bengalo dort auf der Treppe! Hatten die Fans auf der Südtribüne eben noch ihrem Zorn auf die Rostocker freien Lauf gelassen, wandte man sich jetzt gegen die eigenen Leute. Ihr Beobachter gesteht: Auch ich war stinkend sauer auf den Zündler im 42er und verfiel ebenfalls dem gleichen Gedanken: Das waren die Ultras! Pfiffe ertönten, „Ultras raus“-Rufe erschollen, ja, es wurden sogar Gegenstände aus anderen Blocks auf die eigenen Leute geworfen. Ich konnte nicht anders, als den Stinkefinger zu zeigen. Es gelang mir, mit einem mir bekannten UD-Menschen Blickkontakt aufzunehmen. Der versuchte mir deutlich zu machen, dass es definitiv keiner von den Ultras war. Und da schämte ich mich, dass ich so wenig Vertrauen in die Jungs und Mädels hatte, die uns die ganze Saison über immer wieder vorangetrieben hatten.

Dann erschien Stadionsprecher André Scheidt und sagte, er habe mit den Ultras gesprochen und die würden sich vom Zündler distanzieren. Außerdem sei man dabei, die Hohlbirne zu finden und zu ergreifen. Dann sagte André noch, dass es doch nicht sein könne, dass sich die Fans nach dieser tollen Saison auseinanderdividieren lassen würden durch irgendwelche Idioten. Großer Beifall. Und dann skandierten wir alle zusammen „Fortuna! Fortuna!“

Hilflose Hansa

Während dessen hatte Schiri Stark das Spiel unterbrochen und die Mannschaften in die Kabine geschickt. Natürlich kamen die Hansa-Kicker irgendwann raus und redeten auf die eigenen Fans ein. Übrigens mit Erfolg, denn bis fast ans Ende der zweiten Hälfte blieb es ruhig in den Gästeblöcken. Kaum war wieder angepfiffen, erzielte der junge Herr Gaus (der endlich mal in der Startelf stand) ein blitzsauberes Tor nach blitzsauberer Vorarbeit. Dann ließen es die Tuna-Spieler langsam angehen. Zumal die Hansisten schwach bis zur Hilflosigkeit agierten. Natürlich ergaben sich Chancen für die Rostocker, aber entweder rettete Rata mit tollen Paraden oder die Stürmer vergaben kläglich. Und dann kam der Auftritt des Bamba Anderson (das arme Schwein, das nächste Saison bei den ostholländischen Fohlenf***ern kicken muss…). Der beste Innenverteidiger der ganzen zweiten Liga trieb sich selbst samt Ball bis an den gegnerischen Sechzehner, umspielte noch einen Rostocker und versenkte das Ding dann zum 2:0. Grandios. So ging’s in die Pause, die mit Diskussionen über das Geschehen randvoll war.

In der zweiten Hälfte machten die Blauweißen viel Druck, und die Rotweißen nahmen die Sache teilweise bisschen leicht. So kam es in der 50. Minute zu einem, na ja, Handspiel im F95-Strafraum, das der solide pfeifende Spielleiter Stark mit einem Elfer beantwortete. Der Anschluss verlieh den Hansisten Flügel, verbesserte aber deren beschränkten fußballerischen Möglichkeiten kaum. Stattdessen kam es reihenweise zu grandiosen Kontern unserer Jungs. Einer davon begann beim genialen Marco Christ, der einen Pass aus der eigene Hälfte über gut 50 Meter punktgenau in den Lauf des Herrn Harnik löffelte. Dieser setzte sich brillant durch und machte die Hütte zum 3:1. Das war’s dann im Prinzip auch. Einmal musste der Herr Ratajczak noch richtig ran; der Rest war Spielerei. Von boshafter Frechheit dann eine Szene des Herrn Christ, der sich auf der rechten Seite bis zur Grundlinie durchgedribbelt hatte, ungehindert auf den Pfosten zulief, aber nicht aus spitzem Winkel schoss, sondern den Ball parallel zur Torauslinie über Freund und Feind lupfte. Leider standen die Fortunen dort ein bisschen zu nah dran und erwischten die Pille nicht.

Axels Abschied

Ab Minute 65 forderte der F95-Anhang lautstark den Auftritt des Axel Lawaree, der sich auch tatsächlich warmlief. Was dieser feine Kerl ab Sommer 2007 für die Fortuna geleistet hat, kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Und das ganz ohne Starallüren und mit hoher Solidarität zum Verein in Zeiten, in denen man ihm nicht mal sein volles Gehalt zahlen konnte. Tatsächlich kam Axel noch zum Zuge. Er wurde für Martin Harnik eingewechselt, der mit starkem Beifall verabschiedet wurde. Prognose: Der wird beim VfB Stuttgart die Bank drücken – wenn überhaupt. Und zur Rückrunde 2010/11 wird er dann wieder an uns ausgeliehen. Der alte Herr Lawaree spielte wie einst im Mai, und eigentlich hofften alle Fortunafreunde, dass ihm noch ein Tor gelingen möge. Kam aber nicht.

Das Ende des Spiels ging im Tumult unter. Erst hatten Rostocker Testosteronbömbchen versucht, den angrenzenden Heimblock zu entern. Woran sie von gefühlten Hundert Turtles gehindert wurden. Es böllerte, und der Schiri unterbrach erneut für etliche Minuten. Vor der Haupttribüne beratschlagten GF Paul Jäger, Sport-GF Wolf Werner und Pressesprecher Tom Koster mit einer Rostocker Delegation und den Offiziellen. Und dann ging es doch nochmal weiter. Wenige Minuten später flogen Gegenstände, von denen mindestens einer den Linienrichter traf. Als dann auch noch eine Fackel im Sechzehner des Herrn Ratajczak glühte, pfoff der Schiedsrichter ab. Da es in seinem Ermessen steht, ein Spiel früher als nach 90 Minuten zu beenden, wurde die Partie so ordnungsgemäß zu Ende geführt – einen Spielabbruch gab es im Gegensatz zu dem, was ahnungslose Spochtrepochter vermeldeten, nicht.

Ihr erheblich Ergebener hatte vor Chaos vergessen zu wählen. Was nun? In Eile ist das Taxi dein Freund. So hetzte ich unmittelbar nach Schlusspfiff Richtung Plateau, rauschte die Treppe hinab und griff mir ein solches. Chauffeur war dieses Mal ein netter Kollege mit marokkanischen Wurzeln, mit dem es sich prima über Fußball fachsimpeln ließ. Auch er gab alles, sodass Ihr ergebener Wähler das Wahllokal auf der Helmholtzstraße gegen halb sechs erreichte und ordnungsgemäß seine Stimmen abgeben konnte.

Ein Kommentar

  1. An dieses Spiel erinnere ich mich auch. Es war leider das Spiel, das quasi dafür sorgte, dass mein seinerzeit 11-jähriger Sohn zum letzten Mal ein Fortuna Spiel besuchte. Mag sein, dass auch die damals etwas weitere Anfahrt dazu beitrug (wir wohnten ein paar Jahre 90 km weg von Düsseldorf), aber das Spiel und die Hinfahrt ab Eller mit der Rheinbahn waren wohl der Hauptgrund. Ein paar Fortuna „Fans“, äh Hohlköpfe, haben schon bei der Hinfahrt an zwei Haltestellen Böller gezündet und vor die Einstiege auf dem Bahnsteig gezündet. Ein Höllenlärm auch in der Bahn. Was mich heute noch verwundert, die Polizei hat die Bahn nicht geräumt. Vielleicht wollte der Fahrer die Prolls möglichst schnell abliefern und hat deshalb nicht die Polizei gerufen. Gehört haben muss er das.

    Im Stadion dann die Böllerei der Rostocker und die schwarzen Rauchwolken, dass muss meinem Sohn wie Krieg vorgekommen sein. Die Rostocker Mitreisenden seinerzeit sind also auf einer Höhe mit Teilen des Kölner Mobs. Ich brauche die nicht mehr und hoffe, die bleiben immer weit weg von unserer jeweiligen Liga. Unsere Mitreisenden zu den Auswärtsspielen sind sicher auch keine Engel, aber davon noch weit weg.

    Nun, aktuell hat der DFB / die DFL diesbezüglich keine Sorgen. Jetzt gibt es ja endlich „sauberen“ Fußball (würg). Der ist so sauber, dass sogar die aktuelle 14 Tage Quarantäne der Dresdner daran nichts ändert.