Reden wir nicht über die einzelnen Künstler und Bands, die diesen Abend im Haus der Jugend an der Lacombletstraße so wunderbar gemacht haben. Reden wir über die Musik an sich. Über die Musiker und Musikanten, die Instrumentalisten und die Sängerinnen und Sänger, die Musik machen, weil sie wissen, welche Kraft sie damit schaffen. Reden wir davon, dass ein scheinbar kleines und unscheinbares Festival in diesen Tagen ein starker Ofen für Herz und Seele sein kann. Ja, vielleicht sind Musik, Kunst, Tanz und Theater der einzige Trost, der uns in dieser kranken, kalten Zeit noch bleibt. Das Besondere an den Accoustic Festivals, die es nun im zweiten Jahr gibt, ist, dass es bei dieser Art Musik und dieser Form der Auftritte eben nicht um Show geht, nicht um Entertainment und nur am Rande um Geld, sondern um das Musikmachen und Musikhören an sich. Dass mit Tommy Kirchmann einer für diese Festivals steht, der selbst Musiker ist, liegt auf der Hand. Und wenn man sich die Liste der Unterstützer anschaut, dann findet man da genau die Firmen und Leute, die ein ähnliches Verständnis von der Musik haben.

Möglicherweise ist das Etikett „Accoustic“ das einzig verbindende Element zwischen den zehn Acts, die ab 17:00 Uhr bis weit nach Mitternacht von der Bühne des traditionsreichen Saals am Haus der Jugend aus ihre Lieder an die Leute da unten verschenkten. Denn die Künstler und Gruppen irgendeinem festen Genre zuzuordnen, führt in die Irre. Ja, man könnten eine Schublade wie „Folk“ öffnen oder die ohne Band antretenden Musikerinnen und Musiker als „Singer-Songwriter“ abstempeln, aber spätestens bei Justin Sullivan, dem Mitglied der berühmten Underground-Truppe New Model Army, müsste man eine neue Kategorie erfinden. Zuschauer, die sich nicht so auskennen, lernten dann auch, dass es einen dramatischen Unterschied zwischen „accoustic“ und „unplugged“ gibt. Den führte der charmante Joel Havea vor, in dem er und sein Cajun-Klopfer zum letzten Song von den Mikros abrückten und einfach so in den Raum hinein spielten und sangen.

Genau wie der Accoustic Summer war auch diese Veranstaltung ein Festival von Musikanten für Musikanten. Wo gibt es das sonst, dass die Mehrheit der Auftretenden bei den Gigs der anderen Künstler im Saal stehet und ihre Kollegen beklatscht? Wo doch die kommerziellen Musikszene ein Haifischbecken ist, wo jeder gegen jeden kämpft – außer man schließt Koalitionen zum gegenseitigen Nutzen. Davon kann bei diesem Festival keine Rede sein. Und dieser Geist machte sich auch unter den Zuschauern der restlos ausverkauften Veranstaltung breit, die sich auf jeden einzelnen Auftritt einließen und angemessenen Applaus spendeten.

Leider gibt es bei akustischen Musikveranstaltungen mittlerweile immer Figuren, die nicht begreifen, dass die Lieder sich nur richtig ausbreiten können, wenn kein Dauerlärmteppich aus mehr oder weniger blödem Gequatsche über dem Raum liegt. Dass sich ein Trüppchen mit erheblichem Bierkonsum dabei besonders hervortat, tat dem Genuss keinen Abbruch. Und als sich dann zum viel bejubelten Auftritt von One Eye Open alle zahlenden Gäste eingefunden hatten, fiel die Störung kaum noch auf. Bei deren „Storm“ von der aktuellen CD sang dann der ganze Saal lautstark und schön den Refrain „Where is the love?“ mit.

Wer noch keines der Accoustic-Festivals miterlebt hat, sollte sich den 20.08. ganz dick im Kalender anstreichen, denn an diesem Tag findet das Accoustic Summer Festival 2016 statt, wieder im Weltkunstzimmer an der Ronsdorfer Straße. Sich frühzeitig um Tickets zu kümmern, ist dringend angeraten!

[Fotos: Hajo Kendelbacher]

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