Die Nachricht hat viele Düsseldorfer schockiert: Die Theodor-Heuss-Brücke, so ergaben Untersuchungen, sei in ihrer Stabilität eingeschränkt, deshalb werde sie für Lkw mit einem Gewicht von 30 Tonnen und mehr gesperrt. Ohne diese Maßnahme sei das Bauwerk sogar einsturzgefährdet. In unserer Miniserie über die Rheinbrücken in der Region haben wir das Problem bereits angesprochen. Die Ursache ist schnell beschrieben: Alle nach dem zweiten Weltkrieg errichteten Hängebrücken waren nicht auf die extreme Belastung durch den Lkw-Verkehr ausgerichtet.

Dass die Mängel seit einigen Jahren so deutlich zu Tage treten, hat damit zu tun, dass das Bundesamt für das Straßenwesen (BASt) im Jahre 2010 eine Richtlinie zur Nachrechnung von Brücken im Bestand aufgestellt und eine Liste der zu prüfenden und möglicherweise zu ertüchtigen Brückenbauwerk herausgegeben hat. Im Zuge dieser Anordnung wurden natürlich auch die Brückenbauwerke zwischen Köln und Duisburg untersucht.

Entwurf für den Neubau einer Doppelbrücke der A1 (Quelle: www.strassen.nrw.de)

Entwurf für den Neubau einer Doppelbrücke der A1 (Quelle: www.strassen.nrw.de)

Folge war beispielsweise die Sperrung der Leverkusener A1-Brücke für den Schwerlastverkehr und letztlich der Beschluss, dieses Bauwerk abzureißen und durch eine neue Brücke zu ersetzen. Dasselbe Schicksal droht jetzt der Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf – und zwar aus demselben Grund. Bei der Autobahnbrücke ging man bei der Eröffnung im Jahr 1965 von maximal 40.000 Fahrzeugen pro Tag aus; 1990 waren es aber 120.000 Autos täglich, darunter rund 15.000 Lastwagen. Die Theodor-Heuss-Brücke, die 1957 für den Verkehr freigegeben wurde, war ursprünglich auf 15.000 Überquerungen ausgelegt. Bis zum Jahr 2000 war die Zahl aber auf um die 100.000 angewachsen, der Lkw-Anteil lag bei rund 10 Prozent. Die Eröffnung der Flughafenbrücke im Norden der Stadt führte glücklicherweise zu einer spürbaren Entlastung.

Aber die 45 Jahre andauernde Belastung der ersten Schrägseilbrücke Deutschlands mit ihren vier Pylonen durch schwere Lastwagen hatten schon ihre Spuren hinterlassen. Ursache ist auch, dass die Lkw seit den Fünfzigerjahren immer schwerer geworden sind. Galten damals Laster mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 18 Tonnen bereits als „schwer“, sind im Fernverkehr heute 30- und 40-Tonner die Regel. Weil Hängebrücken aber konstruktionsbedingt in sich flexibel sind, löst jede Überquerung durch derart schwere Lkw Schwingungen aus – die Fußgänger, die auf der Brücke unterwegs sind, durchaus wahrnehmen. Wie jedes elastische Element kann auch eine solche Konstruktion „ausleiern“, das verwendete Material wird mürbe.

So wurde bei den Untersuchungen der Theodor-Heuss-Brücke eine deutliche Materialermüdung festgestellt, die zu Rissen und damit zu ernsthaften – wie sie der Fachmann nennt – „Traglastdefiziten“ führt. Um den Zustand nicht zu verschlechtern, wurde jetzt das Fahrverbot für Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 30 Tonnen und mehr verhängt; auch, um Zeit für exaktere Messungen durch Dehnungsstreifen zu ermöglichen, an denen man das „Ausleiern“ sehr exakt feststellen kann. Erst nach einer gewissen Zeit und der Analyse der Resultate kann entschieden werden, ob die Theodor-Heuss-Brücke überhaupt saniert werden kann oder ob sie abgerissen und ersetzt werden muss. Das wird frühestens Ende 2020 feststehen.

[Dieser Beitrag erschien zuerst am 2.12.2019 in unserer Schwesterpublikation Rhein-Magazin Düsseldorf.]

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