Liebe Düsseldorfer, seit gestern müsst ihr wieder ganz stark sein und geduldig und freundlich. Denn wie alle vier Jahre irren wieder Hunderte auswärtiger Autofahrer durch die Stadt, die nicht wissen, wo sie hin wollen, das aber ganz doll. Es handelt sich um so genannte Messegäste – denn es ist wieder drupa-Zeit! Der Name steht für „Druck und Papier“, und es handelt sich um die weltweit größte und wichtigste Messe der Print-Industrie. Weil wir Düsseldorfer aber gern Fremde um uns haben, helfen wir, wo wir können, geben gern Auskunft und zeigen den armen Menschen, die von der Schönheit und Komplexität unserer Stadt überfordert sind, den Weg. Ja, wenn wir Eingeborenen dieser Tage noch einen Platz in unserem jeweils angestammten Brauhaus finden, dann nehmen wir gern Kontakt auf mit den Leuten aus aller Herren Länder und empfehlen ihnen vor allem den Genuss des Düsseldorfer Alt.

Nur noch höchstens zwei andere bedeutende Messen haben einen derart großen Einfluss auf das urbane Leben hier: die K (Kunststoffmesse) und die wire & Tube. Aber komischerweise scheinen „die Drucker“ besonders gern mit dem Pkw durch die Stadt zu streifen, denn das Verkehrschaos ist bei den anderen besucherstarken Veranstaltungen meist nicht so groß. Kein Wunder: Bis zu fast 400.000 Besucher und Aussteller vergnügen sich über die zehn Tage auf dem Messegelände (tagsüber) und in der Altstadt sowie den Vierteln. Dass die drupa deutlich mehr zieht als die anderen, kann man aktuell sehr schön am Rheinufer unterhalb der Stadt sehen. Da liegen momentan acht Kreuzfahrtschiffe, darunter zwei aus dem Arosa-Stall, die als Hotels fungieren.

Tatsächlich gehört diese Messe einer Industrie, die dank der steigenden Papierlosigkeit eigentlich an Bedeutung verloren hat, sich aber immer wieder neu erfindet. Schon seit 1986 stehen immer digitale Themen im Mittelpunkt; dieses Jahr heißt es leider so ein bisschen unverbindlich „Print 4.0“, und das Messe-Motto „touch the future“ ist nun wahrlich kein Stuhlreißer. Dass die drupa aber immer ganz vorne dran ist, belegt eine kleine Erinnerung an die Druck-Messe im Jahre 1967. Damals hatten Kinder und Jugendliche noch freien (und ziemlich unbeschränkten) Eintritt, sodass es nachmittags an den Ständen nur so von Schülern wimmelt, die vor allem eins wollten: Werbegeschenke.

Die fielen anno 1967 aber beinahe aus, weil es fast viel, viel Besseres gab: Aufkleber! Wer jetzt müde grinst, weiß nicht, dass die drupa 1967 die erste Veranstaltung war, bei der selbstklebende Sticker vorgestellt und vor Ort massenhaft gedruckt wurden. Bis dahin kannte man nur Spuckis, also Aufkleber, die vor dem Anbappen angeleckt werden mussten. Nun gab es quietschbunte Dinger im Stile der Zeit, deren Rückseite mit einem Papier geschützt war. Zog man es ab, konnte man das Ding an jede glatte Fläche kleben, wo es dann sogar langfristig haften blieb. Für uns Schüler war die Jagd eröffnet: Wer brachte die buntesten und verrücktesten Aufkleber mit? Diverse Fläche im und am Leibniz-Gymnasium waren in diesen Tagen rasch farbig verziert. Das Problem: Die Dinger gingen noch schlechter ab als heute, sodass es bald eine Anweisung vom Direx gab, dass jeder, der einen Sticker auf dem Schulgelände verklebt hatte und dabei erwischt wurde, härteste Strafen zu erwarten hatte.

Wie wir heute wissen, hat die Druck-Industrie damals eine Büchse der Pandora geöffnet, die sich nie wieder schließen ließ. Wer weiß, was die heutigen Jugendlichen – so sie denn Zutritt zur drupa haben – in 50 Jahren über die Auswirkungen dieser Messe zu erzählen haben.

[Foto: Messe Düsseldorf / ctillmann]

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